Corporate News „Wenn der Wind nicht so stark bläst, muss man gut segeln können.“


Dr. Marc Schacherer, Regional SalesDirector Central Europe bei Farnell Element 14.

01.07.2013

Dr. Marc Schacherer, Regional Sales Director Central Europe bei Farnell Element 14, im Gespräch mit E&E-Chefredakteur Michael Brunn über den Wettbewerb in der Distribution, die Lage des Elektronikmarktes und die künftige Entwicklung von Farnell Element 14.

Was hat Sie bewogen, den Job bei Farnell element14 anzunehmen?

Dr. Marc Schacherer: Zum einen hatte ich ja in der Vergangenheit schon einmal mit der Industrie zu tun, das hat sehr viel Spaß gemacht. Der zweite Punkt ist relativ praktisch: Der Stammsitz für die Central Region in München. Ich wohne schon seit zehn Jahren in München und da ist das eine sehr gute Kombination für die Work-Life-Balance. Und wenn ich mir die strategische Ausrichtung anschaue, wie Farnell element14 aufgestellt ist, hat mich das sehr begeistert. Letztendlich haben die Menschen, die ich in den verschiedenen Prozessen kennengelernt habe, den Ausschlag gegeben. Das sind Kollegen oder Personen, mit denen ich mir gut vorstellen kann, erfolgreich zusammenzuarbeiten.

Wettbewerber wie Mouser oder DigiKey sind zunehmend in Europa und vor allem auch in Deutschland aktiv - wie hält Farnell element14 dagegen?

Wenn wir uns anschauen, wie wir strategisch aufgestellt sind, gibt es schon ganz klare Unterschiede zu den Mitbewerbern. Und ich glaube, wenn wir diesen Weg entsprechend weitergehen, wird es mit der Zeit schon den einen großen Unterschied geben. Der Fokus, sehr früh in der Produktentstehungsgeschichte anzusetzen, wird langfristig ein strategischer Vorteil für uns sein.

Was genau sind die Stärken von Farnell element14? Was machen Sie besser als der Wettbewerb?

Da gibt es eine ganze Menge Aspekte. Entscheidend dabei ist, dass das, was wir besser machen, auch von unseren Kunden und Partnern so wahrgenommen wird. So haben wir beispielsweise im High-Value-Bereich unglaublich viele Produkte hinzugefügt. Bis das aber überhaupt in die Wahrnehmung der Kunden kommt, dauert es immer ein bisschen.

Unsere Webseite wird von einer breiten Masse von Anwendern doch als eine der stärksten Seiten im Markt geschätzt.Da gibt es sicherlich zum Teil funktionale Unterschiede, wo auch ein anderer vielleicht ein bisschen die Nase vorne hat.Aber das Gesamtbild, was das Suchen und Finden angeht und die dazugehörigen Produkt-Metadaten - da sind wir sehr gut aufgestellt.

Zum Thema Lieferservice: Auch da sind wir - nach Umfragenund Kenntnissen ausdem eigenen Haus - exzellent. Denn alles, was in diesem Bereich weniger exzellent ist, führt letztendlich zu höheren Kosten.

Der Fokus liegt insgesamt sehr stark auf dem Elektronikentwickler, auf dessen Bedürfnissen, auf seiner Arbeitswelt. Das ist auch ein Thema, wo wir sehr viel besser sind als die anderen. Nichtsdestotrotz ist das auch ein Punkt, wo wir noch besser werden können. Aber da decken wir viel mehr ab als die Wettbewerber. Nicht nur beim Design Engineer, sondern in der gesamten Produktentstehungsgeschichte, im Produkt Lifecycle, vom reinen Design über Prototyping bis zur golden Sample und zur Serie. Und in diesem Prozess bieten wir einfach viel mehr als unsere Wettbewerber.

Und schließlich wird uns der strategisch Schritt, unser gesamtes Outbound-Thema an einem lokalen Punkt für Europa zu bündeln, langfristig erhebliche Vorteile bieten.In der Zusammenarbeit mit Herstellern und Kunden werden wir gemeinsame Aktivitäten viel schneller, zielgerichteter ausrollen können und damit die richtigen Personen erreichen.

Sie haben viel über die Stärken gesprochen - was muss denn noch besser werden?

Wenn ich vergleiche, was sich in der Elektronik-Distribution in den letzten sieben, acht Jahren seit meinem Wechsel verändert hat: Damals hat man noch viel über Globalisierung und Europa gesprochen, heute ist das in der Realität angekommen. Es ist ähnlich wie in derDot.com-Zeit, wo man im Jahr 1999 über die ganzen Prozessvorteile von Internetplattformen gesprochen hat, unglaublich viel investiert wurde und es letztendlich dann erst im Jahr 2007/2008 wirklich umgesetzt wurde. Das ist die eine große Veränderung, die ich wahrgenommen habe, das andere ist die Auflösung der sauber strukturierten Welt in High-Service- und Volumen-Distributor. Die Kollegen aus dem Volumen-Bereich sind in der Lage, wesentlich kleinere Mengen zu liefern und wollen das auch tun. Umgekehrt sind wir in der Lage, größere Mengen zu liefern und tun das auch.Diese zwei Punkte stellen für uns als Organisation nach wie vor die großen Herausforderungen dar.

Sie haben selber das Beispiel genannt, dass die Volumen-Distributoren versuchen, kleinere Mengen zu liefern. Ist es umgekehrt für Farnell element14 ein Ansatz, ganz gezielt auch an größere Kunden größere Mengen zu liefern?

Wenn Sie von größeren Mengen sprechen: Der Interpretationsspielraum ist sehr groß, was eine größere Menge ist - auch im Dialog mit unseren Kunden. Und die Abgrenzung fällt auch nicht leicht: Wann fängt denn wirklich groß an, wann wollen wir es nicht mehr tun? Von der Herangehensweise möchte ich es einmal so sagen: Es gibt Volumen in der Distribution, in Massenmärkten, die sind für uns nicht mehr interessant. Schauen wir uns aber einen Hidden Champion, einen deutschen Weltmarktführer etwa von irgendwelchen Spezial-Regel- oder Wiegetechniken an, der in kleinen Produktionsreihe 100 Stück im Jahr und in großen 1.000 Stück produziert - das ist dann ein Thema für uns. Das ist eine Menge, die wir heute mit unseren Prozessen und in Zusammenarbeit mit den Herstellern neben dem klassischen High-Service-Geschäft genauso bedienen können wie Distributoren, die von 100.000 Stück kommen und für die 1.000 Stück vielleicht die untere Grenze sind.

Außerdem muss man noch sehen, um welches Produkt es sich handelt. Wenn wir über einen Widerstand von geringem Wert sprechen, sind sicherlich auch 10.000 Stück kein Problem. Handelt es sich aber um ein High-End-Produkt, das vielleicht noch andere Meta-Anforderungen hat, kann es schließlich von der geforderten Stückzahl abhängen. Es kommt darauf an, wie die Produktionsarten sind. Wenn wir wieder den Hidden Champion nehmen, der in der Regel noch keinen vollautomatisierten Produktionsprozess laufen hat, der keine Just-in-Sequence-Belieferung benötigt und kein Kan-Ban einsetzt: Kein Problem. Überall, wo wir Prozesse wie Just-in-Sequence sehen, sind sicherlich noch andere Dienstleistungsanforderungen notwendig, um das zu können. Da haben dann die Volumenanbieter ganz klar ihre Stärken und wir nicht - und es ist auch derzeit nicht unsere Intention, das zu ändern.

Sie sind seit sechs Wochen im Unternehmen - was sind die größten Herausforderungen?

Wie das immer so am Anfang ist: Ich muss erst einmal einen Überblick bekommen. Ich habe ja gesagt, dass die Menschen ein wichtiger Grund für mich waren, diese Aufgabe zu übernehmen. Jetzt möchte ich diejenigen in meinem Verantwortungsbereich erst einmal persönlich kennenlernen und darüber hinaus auch weitere Personen in der Organisation, mit denen man in den verschiedensten Situationen zusammenarbeitet.Das ist sicherlich eine der großen Herausforderungen, da auch Geschwindigkeit aufzunehmen.

Wie schätzen Sie derzeit den Elektronikmarkt ein?

2012 war sicherlich ein etwas schwierigeres Jahr für die Branche. Ich glaube, das lässt sich momentan etwas anders an in 2013. Natürlich ist eine positive Gesamtmarktentwicklung immer Wind für die Segel. Aber wenn der Wind nicht so stark bläst, muss man eben sicher sein, dass man gut segeln kann, um voranzukommen.Und ich glaube, auch da haben wir einfach Möglichkeiten, auch bei einer nicht so starken Marktlage, die richtigen Dinge zu tun und die auch richtig zu tun. Wenn Sie sich die Marktanteile anschauen, haben wir durchaus noch Luft nach oben.

Und unter diesem Aspekt ist die Region Central Europe auch sehr spannend.In Deutschland haben wir viel Elektronikentwicklung. Viele Produktionsstandorte sind dann in Ländern wie Polen, Tschechien, Slowakei oder den StartingMarkets wie Rumänien und Bulgarien verlagert worden.In diesem Transfer passiert auch unglaublich viel.Und wenn ich mir die Aufstellung der Marktbegleiter anschaue, haben wir da schon strukturell Vorteile - außer vielleicht ein Local Player, der aus Polen oder Tschechien kommt.Das sind eben Möglichkeiten außerhalb von Marktentwicklungen. Ich glaube, wir sehen eine leicht positive Tendenz; manche Marktbegleiter gehen auch von einem stärkeren Wachstum aus. Um es so zusammenzufassen: Ich glaube nicht, dass wir ein Jahr wie 2011 haben, wo nicht nur einäugige, sondern auch blinde Hühner viele Körner gefunden haben, aber ein Jahr mit einem leichten Rückenwind.

Sie sind gerade schon ein bisschen auf die anderen Länder eingegangen, für die Sie neben Deutschland ebenfalls verantwortlich sind. Wie stellt sich aus Ihrer Sicht das Bild für ihren Bereich dar? Das sind ja doch völlig unterschiedliche Märkte.

Das sind in der Reife völlig unterschiedliche Märkte. In der DACH-Region haben wir schon sehr entwickelte Märkte - insbesondere in Deutschland, aber auch in Österreich oder der Schweiz.In Osteuropa haben wir sehr unterschiedliche Entwicklungen. Dominierend sind hierTschechien und Polen.Tschechien ist sehr stark durch das Thema Automobil getrieben, was aus einer deutschen Perspektive nicht schlecht ist, weil alles, was in Automobilen stattfindet, meistens die Zentralen für Europa hier in Deutschland hat. Insofern ist hier die Transferleistung sehr einfach. Dann gibt es natürlich auch genügend deutsche Firmen, die Rang und Namen haben in der gesamten Automobil-Zuliefererkette und entsprechende Lieferketten für die Werke in Osteuropa aufbauen.

Wenn wir dann aber auch die Kunden anschauen: Die Märkte mögen zum Teil noch ein bisschen anders sein, insbesondere aus einer makroökonomischen Perspektive. Aber wir haben auch viele Firmen, die in Osteuropa klar den Markt Westeuropa als Kundschaft sehen und letztendlich dort die verlängerte Werkbank sind. Und wenn sie in Westeuropa spielen wollen, dann müssen sie auch die Regeln kennen. Und das heißt, sie produzieren nichtanders als in Deutschland oder Frankreich oder Italien. Natürlich haben Sie dann solche Faktoren wie die gesamten Lebenshaltungskosten und Lohnkosten, die geringer sind - ansonsten verändert sich der Prozess, wie ein Produkt entsteht, nicht dadurch, dass der, der es macht, polnisch spricht.

In welchen Produktbereichen sehen Sie in den nächsten 12 Monaten das größte Umsatzpotential?

Insbesondere wenn Sie sich unser Leistungsangebot im Bereich der passiven Bauelemente anschauen, da sind wir sehr, sehr stark geworden. Das sind vielleicht nicht die teuersten Bauteile, aber sie sind überall drin. Ansonsten glaube ich sehr stark, dass rund um das ganze Thema Development Kits sehr viel passieren wird. Dadurch, dass Embest zum Unternehmen gehört und wir einen sehr hohen Marktanteil mit Development Kits in Gesamteuropa haben, ist alles, was daraus entsteht, auch für unsere Hersteller sehr interessant. Und das sind eben Bereiche, wo wir sehr interessante Partnerschaften, zum Teil auch exklusiv, mit den Herstellern eingehen und es ist klar: Überall, wo wir eine Exklusivität haben, sei es auch nur temporär bedingt, haben wir einfach gewisse Vorteile im Markt.

Zu guter Letzt wollen wir den Raspberry Pi nicht vergessen. Das hat so einen spielerischen Touch, wobei wir jetzt auch ganz stark die Industrialisierung dieses Produktes sehen. Wir haben hier eine preiswerte Plattform, die eine extrem kompakte Bauform hat und unglaublich viel leisten kann. Und da zieht nun auch die Industrie nach, aber das wird noch etwas dauern. Aber ich gehe davon aus, dass auch in der Familie noch viel passieren wird. Und wenn man das letztendlich sieht: Auch für uns als High-Service-Distributor ist einfach der Preisfür dieses Produkt sensationell.

Eine breite Produktpalette ist das eine, aber das ist ja nicht alles. Dienstleistungen sind ganz entscheidend in der Distribution. Womit können Entwickler da in Zukunft bei Farnell element14 rechnen? Was können Sie noch tun, um Entwickler noch besser zu unterstützen?

Wenn wir das im Vergleich zu Marktbegleitern sehen, haben wir schon eine Palette, die die Bedürfnisse des Entwicklers wesentlich besser bedient als andere. Der nächste Schritt besteht nun darin, diese Services noch besser zu machen und die Gesamtprozesse mit den Entwicklern zusammen zu optimieren.

Aber es geht nicht darum, möglichst viele Services anzubieten, sondern man muss es letztendlich schaffen, dass diese Angebote wirklich in das Tagesgeschäft einfließen, dass sie von den Kunden entsprechend erkannt, angenommen und in ihre Abläufe integriert werden.Erst dann hat der Service einen Nutzen für den Kunden. Nicht die Menge neuer Services ist ein Erfolgsgarant, sondern vor allem die Qualität.

Was haben Sie sich persönlich vorgenommen?

Wichtig für die Region ist es, Stabilität zu gewährleisten.Und Stabilität heißt dann natürlich auch entsprechend Markterfolg. Ich glaube, das tut allen Beteiligten gut. Und es macht Spaß, wenn das, was man tut, sich dann auch wirklich umsetzen lässt in Erfolg der Firma.Das ist ein großes Thema. Das andere ist sicherlich diese Region, die sehr unterschiedlich ist, zusammenzubringen. Sicherlich ist es ein ganz klares Ziel, die Kunden zu begeistern und die Brand Farnell element14 deutlich zu stärken in Verbindung mit einem deutlichen Wachstum. Aber es ist eben nicht nur Wachstum, es geht auch um dieses Zusammenkommen und die stärkere Integration der gesamten Zentral-Region. Wenn wir also über die Ländergrenzen hinweg gut zusammenarbeiten und das in Markterfolg umsetzen können, dann habe ich in den ersten 12 Monaten einen ganz guten Job gemacht.

Warum sollte ein Entwickler bei Farnell element14 kaufen?

Wir haben eine sehr gute Webseite, wo der Entwickler ganz schnell das findet, was er benötigt. Und wenn er darüber hinaus noch mit netten und gut ausgebildeten Kollegen sprechen will und eine Frage hat, kann er sich auch an uns wenden und das geht alles sehr schnell, wenn er bestellt. Und soweit ich das bisher weiß, ist die Fehlerquote verschwindend gering, insofern gibt es auch nicht so frustrierende Effekte wie es sie geben kann.

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