Bauelemente & Elektromechanik Nichts für Goldgräber

29.04.2013

Viele Menschen sind sehr wählerisch, wenn es etwa um die Herkunft ihrer Nahrungsmittel geht. Was in elektronischen Geräten steckt, ist den meisten vermutlich egal. Dabei kann die Herkunft der verwendeten Rohstoffe bisweilen durchaus problematisch sein.

Mobile Endgeräte sind für viele Menschen unverzichtbar geworden. Egal ob Smartphone, Tablet, Digitalkamera oder MP3-Player: Millionen dieser Geräte sind inzwischen im Markt. Und zumindest bei Smartphones und Tablets ist kein Ende bei der Nachfrage zu erkennen. Was wohl kaum ein Nutzer dieser Geräte weiß: Ohne Tantal hätte er sein Gerät nicht in der Hand.

Seltenes Element

Tantal ist ein selten vorkommendes, duktiles so genanntes Übergangsmetall. Als Übergangsmetall gilt es aufgrund seiner Position im Periodensystem (Ordnungszahl 73). Duktil bedeutet, dass sich Tantal unter Belastung sehr stark verformt, bevor es bricht. Tantal ist mit einem Gehalt von 2 ppm in der kontinentalen Erdkruste beziehungsweise 8 ppm in der Erdhülle ein seltenes Element. Im gesamten Sonnensystem gilt es sogar als das seltenste stabile Element. In reiner Form kommt Tantal nicht vor, sondern meistens als Tantaloxid (Tantalit) zusammen mit Nioberzen (Columbit); das Verhältnis kann dabei bei bis zu 1:10 liegen. Das Mischmineral wird auch als Coltan bezeichnet. Entdeckt wurde Tantal bereits 1802 vom schwedischen Chemiker Anders Gustaf Ekeberg, aber erst 100 Jahre später konnte Werner von Bolton als erster reines, duktiles Tantal herstellen. Verwendet wurde es zunächst als Glühfaden in Glühlampen, in Gleichrichtern und Radioröhren zum Einsatz. Inzwischen hat sich das Anwendungsgebiet ein wenig verlagert: Aufgrund seiner hervorragenden chemischen Widerstandsfähigkeit und der Tatsache, dass es weder giftig ist noch mit Körperflüsigkeiten reagiert, eignet sich Tantal zur Herstellung chemischer Apparate wie Schalen und Spatel, chirurgischer Instrumente wie Prothesen, Knochennägeln und -ersatzteilen, Kieferschrauben und Dentalbohrern sowie für Innenauskleidungen von Reaktionskesseln und Vakuumöfen.

Basis für Kondensatoren

Da Tantal eine sehr hohe Dieelektrizitätskonstante bestizt, werden oberflächenoxidierte Tantalfolien in so genannten Tantal-Elektrolytkondensatoren verwendet. Diese zeichnen sich durch eine besonders kompakte Bauweise aus und werden vor allem in der Handy-Produktion, im Automobilbau und in der Computerherstellung verwendet. Auch bei der Herstellung von Elektronen- und Röntgenröhren sowie bei Gleichrichtern und Oberflächenwellenfiltern findet Tantal Verwendung. Je dünner die Schicht zwischen den Elektroden ist, desto höher wird die Kapazität bei gleich bleibender Folienfläche.

Verknappung

Eines der größten Probleme des Tantal ist, dass sein weltweites Vorkommen relativ gering ist. Bei einer derzeitigen Fördermenge von etwa 1.400 Tonnen jährlich und einem weltweiten Vorkommen von 110.000 Tonnen gehen Experten davon aus, dass die Vorräte noch etwa 50 Jahre reichen werden - bei steigendem Bedarf. Als Vergleich: Kobalt wird jährlich in einer Menge von 58.000 Tonnen gefördert, die Reserven betragen 6,6 Millionen Tonnen. Auch Niob, das von manchen Herstellern bei niederkapazitiven Kondensatoren als Alternative zu Tantal nutzen, hat ein Reservevorkommen von etwa 5,5 Millionen Tonnen - und ist zudem deutlich günstiger als Tantal. Aber für besonders leistungsfähige Kondensatoren gibt es keine Alternative zum Tantal. Die wichtigsten Vorkommen für Tantal finden sich in Brasilien und Australien, signifikante Mengen wurden auch in Kanada und Russland entdeckt. Zentralafrika hat ebenfalls große Vorkommen, vor allem im Kongo, Äthiopien und Ruanda. Auch in Europa gibt es Tantal-Vorkommen (Griechenland, Finnland) - allerdings in eher geringen Mengen.

Minen in der Krise

In den letzten fünf Jahren ist die geförderte Menge um fast 60 Prozent gesunken. Der wesentliche Grund dafür lag in der Weltwirtschaftskrise von 2008/2009, die unter anderem zur Schließung einer der weltgrößten Minen im westaustralischen Wodgina führte. Zum anderen wurde der Markt mit billigem Tantal aus dem Kongo überschwemmt. Wesentlich bedenklicher ist allerdings die Tatsache, dass mit dem Erlös aus dem Tantal-Verkauf Rebellengruppen ihren bewaffneten Kampf finanzierten. Mit der Verabschiedung des „Conflicts Mineral Acts“ in den USA ist die Nutzung von Tantal aus dem Kongo kaum noch möglich. Dieses Gesetz sieht vor, dass alle Teilnehmer der Minerallieferkette nachweisen, dass ihre Materialien aus konfliktfreien Regionen stammt. Betroffen von dieser Regelung sind Tantalerze wie Tantalit und Coltan sowie deren Derivate. Das führte dazu, dass im Kongo nahezu alle Abbauaktivitäten eingestellt wurden. Da die Vorkommen aber knapp sind und China nahezu alles am Markt verfügbare Tantal aufkauft, ist eine andere Lösung notwendig. Denn wenn der Rohstoff nicht verfügbar ist, hilft es auch nichts, wenn Unternehmen bereit sind, höhere Preise zu zahlen.

Solutions for hope

Als einer der größten Abnehmer von Tantal hat der Kondensator-Hersteller AVX ein Projekt ins Leben gerufen, um konfliktfreies Tantal aus dem Kongo beziehen zu können. Bei „Solutions for hope“ handelt es sich im Prinzip um eine geschlossene Lieferkette, in der der Weg der Tantal-Erze von einer Mine in der Katanga-Provinz bis zur Kondensator-Fertigung bei AVX vollständig transparent gemacht wird. Wichtig ist dem Unternehmen dabei auch, dass man keine billige Rohstoff-Quelle gesucht hat. Gekauft wird das Tantal zu marktüblichen Preise, die im Magazin „Metal Pages“ veröffentlicht werden. AVX transportiert das Tantal zu einer Schmelzerei, die am Programm für konfliktfreies Schmelzen teilnehmen. Das Erz wird hier zu Pulver und Drähten verarbeitet, die AVX zur Fertigung der Kondensatoren nutzt, die das Unternehmen dann wiederum an seine Kunden liefert, die sie in den entsprechenden Endprodukten verbauen.

Geschlossenes System

Durch das geschlossene System, an dem nur wenige Firmen beteiligt sind, wird sichergestellt, dass der Wert des Rohstoffs nicht gemindert wird. Da es sich bei den Minenbetreibern nicht um internationale Großkonzerne, sondern meist um kleine Handwerks-Kooperativen handelt, kommen die Gewinne auch tatsächlich den Menschen vor Ort zugute. Die Minenarbeiter und ihre Familien hatten unter dem De-Fakto-Embargo, was sich aus dem Conflicts Mineral Act ergaben hat, besonders zu leiden - auch wenn die Region Katanga eigentlich als nicht betroffene Region gilt. Seit etwa einem Jahr sind die ersten Kondensatoren mit konfliktfreiem Tantal auf dem Markt - was wohl weitgehend ohne die Kenntnis der Nutzer passiert sein dürfte. Mit weiteren namhaften Teilnehmern an „Solutions for hope“ wie Foxconn, Intel, HP, Motorola, Nokia und RIM dürfte aber sichergestellt sein, dass es sich bei dem Projekt nicht um eine Eintagsfliege, sondern um eine langfristige Lösung handelt - und vielleicht auch als Vorbild für andere Unternehmen und Projekte dienen kann.

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