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Stromversorgung & Leistungselektronik Ladeverfahren für Li-Ionen-Batterien

13.06.2014

Welches Ladeverfahren für Lithium-Ionen-Batterien das Beste ist und wie die Qualität des Verfahrens nachgewiesen wird, sind noch ungeklärte Fragen. In Versuchen hat sich jedoch gezeigt, dass das Pulsladeverfahren gegenüber der Standard-IU-Kennlinie bei geeigneter Parametrierung Vorteile hinsichtlich der Ladezeit und Lebensdauer hat.

Den Anforderungen an Energie- und Leistungsdichte sowie Lebensdauer für den Einsatz in Elektrofahrzeugen werden kurz- und mittelfristig nur Lithium-Ionen(Hybrid)-Systeme gewachsen sein. Durch Weiterentwicklung, vor allem auf der Anodenseite zur Lithium-Titanat-Technologie, werden Lithium-Ionen(Li-Ion)-Batterien auch im stationären Anwendungsbereich zunehmend attraktiv. Gerade in Anwendung mit signifikantem Kostenanteil für den Speicher ist eine optimierte Betriebsstrategie wichtig. Hierzu gehört v. a. eine optimierte Ladestrategie, die folgende Ziele haben sollte: eine kurze Ladezeit, eine gute Vollladung, eine schonende Ladung und ein hoher Energiewirkungsgrad.

Die Qualität einer Ladestrategie hängt also von dem Erfüllen dieser oft konträren Ziele ab. So sind für kurze Ladezeiten hohe Ladeleistungen nötig, die den Akku aufheizen können, was mit höheren Ladeverlusten verbunden ist. Zudem verdoppelt sich die Alterungsgeschwindigkeit beim Erhöhen der Betriebstemperatur von 20 auf 30 °C, womit die schonende Ladung kompromittiert wird. Zirka 95 Prozent aller Anwendungen, in denen Lithium-Ionen-Batterien zum Einsatz kommen, verwenden eine IU-Ladekennlinie. Zu Beginn der IU-Ladung dominiert der in die Zelle fließende Ladestrom, der konstant IL bleibt, solange die Zellspannung die Ladeschlussspannung UL noch nicht erreicht hat. Dies ist die so genannte I-Phase der IU-Kennlinie. Nach dem Erreichen des Sollwertes UL, wechselt die IU-Kennlinie automatisch in die U-Phase, in welcher die Ladespannung konstant gehalten wird. In dieser Phase sinkt der Ladestrom mit der Zeit ab. Der Ladevorgang wird dann beendet, wenn der Ladestrom den Abschaltstrom Ia unterschreitet oder wenn in der U-Phase eine fest vorgegebene Zeit verstrichen ist.

Vorteilig bei dieser Lademethode ist die einfache hardware- und softwareseitige Realisierung. Zudem lässt sich durch eine geeignete Wahl der Ladeparameter UL, IL, Ia eine schonende Ladung herstellen, allerdings auf Kosten der Ladezeit oder der Vollladeeigenschaft.

Definition des Pulsladeverfahrens

In Abbildung 1 ist der prinzipielle Ablauf des Pulsladeverfahrens dargestellt. Das beginnt wie bei der IU-Kennlinie mit einer I-Phase, die solange andauert, bis die Zellspannung die Ladeschlussspannung erreicht hat. Sodann setzt die Pulsladung ein, die aus einer bezüglich Pulsstromhöhe streng monoton fallenden Folge von Pulsstromstufen besteht. Die Pulsstromhöhe in der ersten Pulsstromstufe beträgt I0, also die Stromhöhe aus der vorangegangenen I-Phase. In jeder Pulsstromstufe wird solange mit demselben Strom Ik mit 0 ≤ k ≤ n gepulst, bis die Zellspannung 10 ms vor Ende der Pulspause über die Ladeschlussspannung gestiegen ist. Die Ladung wird beendet, wenn die kleinste Pulsstromstufe In ihre Phase beendet hat. Dazu einige Bemerkungen:

  • Während einer Pulsperiode kann die Ladeschlussspannung überschritten werden. Dies ist unbedenklich, weil das Zellspannungsmittel über eine vollständige Pulsperiode kleiner oder gleich der maximal zulässigen Ladespannung ist.

  • Für die im Hersteller-Datenblatt angegebene maximale Ladespannung ist die Spannung an den Elektroden der Zelle maßgeblich und nicht die am Ausgang des Ladereglers. Daher relativieren Spannungsabfälle auf den Zuleitungen, Zellverbindern, Anschlussklemmen/-fahnen sowie den Ableitern der Zelle das Problem der Spannungsüberhöhung innerhalb einer Pulsperiode.

  • Beim Wechsel zur nächsten Stromstufe ist eine Ladepause von einigen Sekunden notwendig, damit die Zellspannung relaxieren kann. Ohne diese Pause, würde die Spannungsgrenze zu schnell erreicht und damit eine vorzeitige Umschaltung auf die nächst kleinere Stromstufe stattfinden. Schlimmstenfalls kann es zum vollständigen Überspringen von Stromstufen kommen, weswegen man einen Kompromiss zwischen einerseits dem Abstand aufeinanderfolgende Stromstufen ΔIk = Ik - Ik + 1 mit k = 0, ..., n-1, und den Pausen finden muss.

Analyse und Optimierung

Das Pulsladeverfahren bietet viele Stellschrauben zum Optimieren bzw. zur Adaption an verschiedene Li-Ion-Systeme. Es ist daher flexibel und universell einsetzbar. So kann man Pulsfrequenz, Tastverhältnis eines Pulses, Anzahl, Höhe und Richtung der Stromstufen oder die Pulsform anpassen oder optimieren. Rechteckpulse sind am einfachsten zu realisieren; ebenso denkbar sind Dreiecks-, Trapezformen, oder gar eine Kombination aus Lade- und Entladepulsen. Um den experimentellen Aufwand zur Qualitätsbeurteilung des Pulsladeverfahrens überschaubar zu halten, sind eine Parametervorselektion und eine experimentelle Parametersensitivitätsanalyse nötig. Dadurch lässt sich die Dimension des Optimierungsraumes minimieren.

Jede Ladestrategie muss sich an allen im ersten Absatz genannten Qualitätsmerkmalen für eine optimierte Ladestrategie messen lassen. Dies gelingt im vorliegenden Fall durch Vergleich mit den entsprechenden Daten einer Standard-IU-Kennlinie, die demnach als Referenz dient. Während Ladezeit, Entladekapazität oder Lade- oder Energiewirkungsgrad noch relativ leicht zu messen sind und nach nur einem Zyklus zur Verfügung stehen, ist die quantitative Erfassung des Alterungszustandes nicht nur zeitlich und experimentell aufwändig, sondern die dafür nötigen Messmethoden nicht-trivial.Erschwerend kommt bei Li-Ion-Batterien hinzu, dass sie im Gegensatz zu Bleibatterien oder alkalischen Systemen, einen Ladewirkungsgrad von deutlich über 99 Prozent aufweisen, das heißt, der Ladestrom geht nahezu verlustlos in die Energiespeicherung. In Konsequenz lässt sich die Qualität eines Ladeverfahren in der Regel nicht aus ein paar wenigen Zyklen ablesen. Vielmehr ist die Veränderung der Qualitätsparameter im Laufe von längerfristig angelegten Zyklisierungstests (Lebensdauertests) paarweise identischer Zellen zu bestimmen, welche jeweils mit dem neuen beziehungsweise dem Standard-IU-Verfahren und paarweise identischen Zyklisierungsbedingungen beaufschlagt werden. Für alle weiteren Überlegungen ist mittels eines Checkup-Tests zu präzisieren, was die Qualitätsparameter einer Zelle sind. Ein solcher Test ist eine vordefinierte Sequenz von Prüfmethoden zum Bestimmen der folgenden Qualitätsparameter einer Zelle: den Anlieferzustand, die aktuelle Kapazität aus zwei aufeinanderfolgenden Vollzyklen und daraus Lade- und Energiewirkungsgrad, Nennspannung, DC-Widerstände sowie Impedanzspektrum, ein 10-s-Leistungstest in Lade-und Entladerichtung bis 2 cA jeweils in vordefiniertem SOC und schließlich das Relaxationsverhalten.

Aus 30 Zellen wurden vier Paare paarweise identischer Zellen mithilfe dieses Checkup-Tests und einem Ähnlichkeitskennfeld bestimmt. Diese wurden einem Lebensdauertest von 500 Zyklen ausgesetzt, was gemäß Herstellerdatenblatt ungefähr der Zyklenlebensdauer entspricht. Nach jeweils 50 Zyklen haben sie die Zellen dem oben genannten Checkup-Test unterzogen und die Qualitätsparameter bestimmt. Der Abschaltstrom Ia und die Abschaltstromstufe In sind so gewählt worden, dass eine vergleichbare Volladeeigenschaft zu Beginn des Lebensdauertests vorlag.

Ergebnisse der beiden Ladeverfahren

Ergebnisse (auszugsweise): Das Pulsladeverfahren lieferte unter den hier betrachteten Randbedingungen bei einem Tastverhältnis vT von 50 Prozent die besten Ergebnisse. Beim Zell-Paar 1 haben die Ingenieure damit eine um 30 Prozent schnellere Vollladung gegenüber der Standard-IU-Kennlinie nachgewiesen, wobei die Alterung nach 500 Zyklen vergleichbar war, siehe Abbildung 2 (links). Auch die Vollladeeigenschaft blieb über den ganzen Lebensdauertest fast identisch. Dies ist insofern bemerkenswert, weil für die LCO/C-Zelle (Li-Cobalt-Zelle mit Graphit-Anode) gemäß Datenblatt nur 1 cA als maximaler Ladestrom zulässig ist, die Pulsladung aber mit 3 cA stattgefunden hat. Das bestätigt die oben angegebene Tatsache, dass eine Spannungsüberhöhung solange unbedenklich ist, wie das Spannungsmittel über Pulsperiode während der Ladung unter der Ladeschlussspannung von 4,2 V/Z bleibt.

In Abbildung 2 (rechts) ist der relative Kapazitätsverlauf des Zell-Paares 2 dargestellt. Bei gleich großem Ladestrom von 3 cA sinkt die Entladekapazität beim Standard-IU-Verfahren schneller als mit der Pulslademethode. Während eine 1 cA Standard-IU-Ladung nur 45 Prozent ihrer Ladezeit in der U-Phase ist, verbringt die Zelle 90 Prozent der Ladezeit in U-Phase in einer 3 cA Standard-IU-Ladung, womit die beschleunigte Alterung erklärt werden kann. Auch hat sich gezeigt, dass das Pulsladeverfahren eine bessere Volladeeigenschaft besitzt. In den Versuchsreihen 3 und 4 (Tabelle 1) war die Alterungsgeschwindigkeit – Entladekapazität, Innenwiderstand, Impedanzspektrum – deutlich höher als beim Standard-IU-Verfahren. Der Spannungsmittelwert über eine Pulsperiode lag in beiden Fällen über der maximal zulässigen Zellspannung von UL = 4,2 V/Z, was eine mögliche Erklärung dafür wäre.

Die hier dargestellten Ergebnisse bilden nur einen kleinen Teil der Versuchsreihen ab. Auf die LMO/C-Zellen hat die Pulsladung einen geringen Einfluss. Jedoch konnte auch hier die Ladezeit reduziert werden, das sogar bei geringerem Kapazitätsrückgang. In wieweit die Pulsladung für andere Lithium-Ionen-Systeme sinnvoll oder gar vorzuziehen ist, bleibt nachzuweisen.

Bildergalerie

  • Abbildung 1: Schematische Darstellung des Pulsladeverfahrens anhand des Stromprofils.

    Abbildung 1: Schematische Darstellung des Pulsladeverfahrens anhand des Stromprofils.

  • Abbildung 2: Relative Kapazitätsentwicklung des LCO/C-Zell-Paares 1 beim Lebensdauertest (links: 1. Paar, rechts: 2. Paar)

    Abbildung 2: Relative Kapazitätsentwicklung des LCO/C-Zell-Paares 1 beim Lebensdauertest (links: 1. Paar, rechts: 2. Paar)

    Bild: Deutronic

  • Abbildung 2b: Relative Kapazitätsentwicklung des LCO/C-Zell-Paares 2 beim Lebensdauertest

    Abbildung 2b: Relative Kapazitätsentwicklung des LCO/C-Zell-Paares 2 beim Lebensdauertest

    Bild: Deutronic

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