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SMD-Ferrite Keine Angst vor Spitzenströmen

Beispiel eines Stromimpulses, der auf den am Eingang liegenden SMD-Ferrit einwirkt; gezeigt werden circa 19 A, 0,8 ms.

Bild: Würth Elektronik eiSos
21.10.2015

Im Multilayer-Druckverfahren gefertigte SMD-Ferrite haben eine Schwachstelle: Stromspitzen, wie sie etwa beim Einschalten eines Netzteils auftreten, können diese Bauteile zerstören. Um diesem Problem zu begegnen, wurden ausgehend von der Analogie des Schmelzintegrals für Sicherungen spezielle Messverfahren entwickelt. Damit kann man die Pulsbelastbarkeit der Ferrite im Spannungsfeld verschiedener Einflussfaktoren bestimmen. Stehen die ermittelten Werte dann noch im Datenblatt, ist das eine echte Hilfe für den Entwickler.

Ein Chip-Bead-Ferrit ist eine Induktivität, die im Siebdruckverfahren hergestellt wird. Die Bauelemente bestehen aus Schichten: Nickel-Zink-Ferrit und eine sehr feine gedruckte Spule aus Silber von wenigen Mikrometern Lagendicke. Ein solcher Aufbau macht den klassischen SMD-Ferrit anfälliger für Stromspitzen über der maximalen Nennstrombelastbarkeit. Diese können zur degenerativen oder auch sofortigen Zerstörung des Bauteils führen. Eine unbefriedigende Situation, wenn man es als Elektronikentwickler immer wieder mit unsauberen Spannungen oder Einschalt-Peaks zu tun hat. Ist eine Spitzenstrombelastbarkeit erforderlich, so musste man wegen fehlender Daten bisher auf klassische bedrahtete Bauelemente wie gewickelte Spulen zurückgreifen. Von Nöten ist also ein geeignetes Messverfahren für die Pulsbelastbarkeit von SMD-Ferriten.

Pulsfestigkeit

Als Pulse werden in diesem Zusammenhang kurzzeitige Stromspitzen mit einer zeitlichen Begrenzung unterhalb von 8 ms bis zum vollständigen Abklingen zum DC-Strom der Schaltung verstanden. Solche Pulse spielen auch eine wichtige Rolle in der Spezifizierung von Schmelzsicherungen. Für die Bestimmung des I²t-Wertes der Sicherungen wird ein Puls von 8 ms Länge, gemäß Standard, auf die Sicherung beaufschlagt, um dem Strom die Zeit zu geben, die Sicherung zu erhitzen. Hält die Sicherung stand, wird der Strom so lange erhöht, bis die Erhöhung zur Zerstörung der Sicherung führt. Dabei wird eine Pause von 10 Sekunden zwischen den Pulsen gefordert, um dem Bauteil die nötige Zeit zur Regeneration (Abkühlung) zu geben. Könnte also die Definition des Schmelzintegrals für Sicherungen der geeignete Ansatz sein, um ein Standardverfahren für die Messung der Pulsbelastbarkeit bei SMD-Ferriten zu entwickeln?

Folgende angepasste Testroutine wurde entwickelt: Damit das Bauteil mit der höchstmöglichen Energie bei der Pulslänge l belastet wird, fiel die Wahl auf eine rechteckförmige und nicht auf die häufigeren sägezahn- oder sinusartigen Pulsformen. Die empirischen Werte ergeben dann beispielsweise für einen SMD-Ferrit der Bauform 0805 mit 600 Ohm eine Kurve der Spitzenstrombelastung beginnend bei 0,5 ms und 41 A bis 18 A bei 8 ms. Letzteres ergibt einen I²t-Wert von 2,592 A²s. Berechnet man damit probeweise den Strom für die Pulslänge 2 ms, erhält man 36 A. Dies weicht allerdings deutlich von dem gemessenen Wert 24 A ab. Es zeigte sich somit empirisch, dass es durch das abweichende Verhalten des SMD-Ferrits zur Sicherung nicht möglich ist, die bekannte Berechnung des Schmelzintegrales I²t auf einen Multilayer-Ferrit anzuwenden.

Das macht klar, dass nur Messreihen mit verschiedenen Pulslängen sichere Aussagen über die Pulsbelastbarkeit geben würden, da die Gesetzmäßigkeiten des Schmelzintegrals von Sicherungen nicht auf SMD-Ferrite übertragbar sind.

Einflussfaktoren T, n und t

Doch damit nicht genug: Weitere Einflussfaktoren bestimmen die maximale Pulsbelastbarkeit. Dies sind Temperatur [T] und Pulsanzahl [n]. Die Pulslänge t wird standardmäßig von 0,5 bis 8 ms getestet. Je länger der Impuls ist, desto geringer ist die maximale Pulsbelastbarkeit. Die Anzahl der Pulse wird vom Singlepuls über 10 bis 100 k Pulse getestet. Mit steigender Pulshäufigkeit sinkt die maximal zulässige Pulsbelastbarkeit. Als dritte reduzierende Einflussgröße gilt es, die Temperatur zu beachten. Mit steigender Temperatur erhöht sich der RDC, was zu einer weiteren Reduzierung der maximalen Pulsbelastung führt. Jedes dieser ineinander verketteten Systeme ist zudem mit der Abhängigkeit der zugrunde liegenden Pause zwischen den einzelnen Pulsen behaftet.

Um eine Betrachtung des verketteten Systems mit einer geringeren Pausenzeit durchzuführen, bedarf es der erneuten Vermessung der Einflussfaktoren Temperatur [T], Pulswiederholungen [n] und Pulslänge [t]. Mit diesem Konzept wird die Pulsfestigkeit von SMD-Ferriten mit allen Einflussfaktoren messbar gemacht. Die Entwicklung von SMD-Ferriten mit der so bestimmten höheren Pulsfestigkeit führte zu optimierten Lagendesigns, um eine möglichst gute Mischung aus hohen Strömen, bis zu 75 Prozent kleinerem RDC und einer möglichst hohen Impedanz über das komplette Frequenzspektrum zu erreichen.

In der Anwendung

Die spitzenstromoptimierten SMD-Ferrite der WE-MPSB-Serie von Würth Elektronik eiSos lassen sich aufgrund ihres optimalen Lagendesigns sehr gut in Anwendungen mit hohen Pulsströmen einsetzen. Durch die nun verfügbaren Werte in den Datenblättern können Entwickler darüber hinaus genau ablesen, welche Pulslängen beziehungsweise wie viele Pulswiederholungen für einen SMD-Ferrit unkritisch sind und somit einen sicheren Betrieb garantieren. Die Auswahl eines SMD-Ferrits aus der WE-MPSB-Serie erfolgt in diesen vier Schritten: Strompuls (Höhe und Dauer) der Anwendung ermitteln, Wiederholungen der Impulse festlegen, über die Impedanz das entsprechende Bauteil auswählen und anhand Pulsfestigkeit (I vs. t) und -wiederholung (n vs. I) prüfen, ob der Ferrit geeignet ist.

Bildergalerie

  • Beispiel-Grafik, die die 24 A bei 2 ms verdeutlicht, die im Beispiel bei der I²t-Berechnung genannt werden.

    Beispiel-Grafik, die die 24 A bei 2 ms verdeutlicht, die im Beispiel bei der I²t-Berechnung genannt werden.

    Bild: Würth Elektronik eiSos

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