Industrieelektronik Präzisionsarbeit

02.07.2012

Roboter kommen fast immer dort zum Einsatz, wo die Arbeit für Menschen zu gefährlich oder zu mühsam ist - und dort, wo ganz besondere Präzision gefragt ist. Dabei nimmt der Einsatz von Robotern in Deutschland immer weiter zu. Dafür gibt es auch gute Gründe.

R2D2, die freundliche Blechbüchse aus Star Wars entspricht vermutlich immer noch dem Bild, das man gemeinhin von Robotern hat. Dabei hat das, was sich Science-Fiction-Autoren und Filmemacher vor vielen Jahren ausgedacht haben, längst nichts mehr mit der Realität zu tun. Humanoide Roboter sind zwar nach wie vor selten, aber optisch und technisch längst viel weiter fortgeschritten als die Fantasie. Eine wesentlich größere und wichtigere Rolle spielen aber längst Roboter in der Fertigung oder in schwierigen Einsatzgebieten, die zwar nicht unbedingt durch ihre Optik glänzen, dafür aber mit Präzision und Ausdauer überzeugen können. Im Maschinenbau beispielsweise sind Roboter längst nicht mehr wegzudenken. Wie eine aktuelle Studie der Marktforscher von Quest TechnoMarketing zeigt, setzen 45 Prozent der deutschen Maschinenbauer bereits heute Roboter ein, bis 2014 soll die 50-Prozent-Marke überschritten werden. Dabei zeigt sich, dass für den Wachstum in diesem Markt vor allem die Unternehmen verantwortlich sind, die heute bereits Roboter einsetzen. Offenbar haben sie sich im täglichen Einsatz so bewährt, dass viele Unternehmen ihren Maschinenpark entsprechend aufrüsten. Fast zwei Drittel der Unternehmen kümmern sich dabei selber um das Engineering. Ein Viertel der befragten Unternehmen kaufen dabei nur Teile der Roboter ein oder konstruieren sie komplett selbst. Etwa ein Drittel kauft den kompletten Roboter und realisiert dann das Engineering im eigenen Haus.

Roboter-Baukasten

Der Tower-System-Mechatronik-Roboter von Freescale, der erstmals 2011 vorgestellt wurde, dürfte gerade für das Inhouse-Engineering interessant sein. Es handelt sich bei dem System um einen zweibeinigen Roboter und ein Entwicklungsboard, mit deren Hilfe Entwickler Software für eine Vielzahl von Sensorprojekten schreiben können, während sie einem Roboter das Laufen und Reaktionen auf Berührungen, Bewegungen, Vibrationen, Schräglagen und andere externe Stimuli beibringen. „Mit dem Roboter und dem Entwicklungsboard beweist Freescale, dass man kein Ingenieur sein oder über umfangreiche Entwicklungserfahrung verfügen muss, um sich neue Programmierkenntnisse anzueignen“, erklärte Kevin Anderle, Field Applications Engineering Manager bei Freescale. „Indem sie neue Möglichkeiten rund um die Interaktion mit dem Roboter erforschen, beispielsweise indem sie ihn ausbalancieren, tanzen lassen oder so programmieren, dass er sich durch ein Labyrinth bewegen kann, eignen sich Entwickler wertvolle technische Kenntnisse an, die sich auf Sensorprojekte in den verschiedensten Marktsegmenten wie Konsumelektronik, Industrie- und Medizintechnik anwenden lassen.“ Der Tower-System-Mechatronik-Roboter und das Tower-System-Mechatronik-Board werden mit vier Servos, einem 3-Achsen-Beschleunigungssensor, einem Touchsensor mit zwölf Kanälen und einem Xtrinsic-MAG3110-Magnetometer geliefert. Letzteres gibt im Zusammenspiel mit dem Beschleunigungssensor äußerst genauere Kompassdaten für Navigationsaufgaben aus. Das System ist mit einsatzfertigem Code ausgestattet, der einen Einstiegspunkt für die Programmierung bietet. Es verfügt über eine integrierte Entwicklungsumgebung mit einer auf dem StickOS basierenden Programmiersprache und eine interaktive, in der MCU residente Programmierumgebung, für die ein Echtzeit-BASIC zum Einsatz kommt. StickOS ist einfach zu erlernen und besitzt einen integrierten Editor für die Einsteiger unter den Programmierern. Über die voll interaktive Schnittstelle können Anwender Parameter je nach Feedback des jeweiligen Sensors rasch ändern. Auf dem Host-PC ist nur minimale Software erforderlich. Der Roboter verfügt darüber hinaus über eine Funkfernsteuerung, die auf dem MC13201-Transceiver von Freescale basiert. Dieser übernimmt die HF-Kommunikation, sorgt für höhere Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit, verhindert Störungen und bietet ein Höchstmaß an Flexibilität, da Geräte aus größerer Entfernung gesteuert werden können.Das Herzstück des Boards bildet ein 32-Bit-ColdFire-Mikrocontroller mit 64K RAM und 512K Flashspeicher. Das Board ist voll und ganz kompatibel zum gesamten Spektrum von Freescale Tower System Boards und Xtrinsic-Sensoren und kann in seinem Funktionsumfang durch entsprechende Einsteckkarten erweitert werden. Es funktioniert auch autark mit einem 3-Achsen-Beschleunigungssensor und einem 12-Kanal-Touchsensor. Der Roboter kann mit Hilfe des im StickOS enthaltenen Echtzeit-BASIC oder bei Verwendung des CodeWarrior IDE in C/C++ programmiert werden.

Gewichte stemmen in der Wüste

In ganz anderen Größenordnungen bewegen sich zwei Projekte für besonders unangenehme Regionen - die Wüste und die Antarktis. Das Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart entwickelt einen Roboter, der eine fast 6.000 km2große Solarfarm in der Sahara bauen soll. Der parallele Seilroboter IPAnema basiert auf Seilen, die durch mehrere Winden angetrieben werden und einen Endeffektor im Raum bewegen. Das Ganze ähnelt optisch den Kameras, die in Fußballstadien Bilder aus der Vogelperspektive liefern. In diesem Fall ist der Endeffektor eine Box aus Stahl und Aluminium mit Backen, die die Solarreflektoren greifen und einsetzen können. Die sieben Tonnen schweren und etwa zwölf Meter langen Reflektoren können dabei überall im Feld zwischen den vier Türmen des Roboters platziert werden. Die motorgetriebenen Winden des Roboters wickeln die acht Kabel auf und ab, die den Endeffektor steuern. Sie können den Effektor auf allen drei Achsen mit einer Geschwindigkeit von etwa 5 km/h drehen, jedes Kabel kann dabei mit bis zu 4,5 Tonnen Gewicht belastet werden. Am Ende jedes Kabels sind Kraftsensoren angebracht, die die Winden innerhalb von zwei Millisekunden ausrichten können und die Bewegung des Endeffektors millimetergenau verfolgen. IPAnema arbeitet mit einer angepassten CNC-Steuerung und einer speicherprogrammierten Steuerung in Echtzeit. 2015 soll der Roboter seine Arbeit in der Wüste aufnehmen.

Quer durch die Arktis

Unter ähnlich harten Bedingungen soll in der Antarktis die Amundsen-Scott-Station am Südpol mit Treibstoff versorgt werden. Während Roald Amundsen den Weg noch mit Ski und Schlitten zurücklegte, setzen die National Science Foundation und Raytheon Polar Services auf automatisierte Raupenfahrzeuge. Die Fahrzeuge müssen dabei eine Strecke von etwa 1.700 Kilometern von der McMurdo Station zum Südpol zurücklegen. Mit einer Geschwindigkeit von 8 bis 17km/h sollen die Fahrzeuge die Strecke in etwa zehn Tagen zurücklegen, für die Amundsen noch zwei Monate brauchte. Jedes der Fahrzeuge wird dabei mindestens zehn Behälter mit Treibstoff transportieren, jeder Behälter fasst mehr als 11.000 Liter. Zwei davon sind für den Eigenbedarf vorgesehen. Mit Hilfe von Onboard-Computern sollen die optimal Route und Geschwindigkeit berechnet werden, um möglichst wenig Treibstoff zu verbrauchen. Zwei Kameras erstellen stereographische Bilder, um zwischen einem Schneehaufen, einer Gletscherspalte, einem Schneemobil oder einer Person unterscheiden zu können. Die Kameras berechnen auch den Abstand zu einem Hindernis. Für eine detaillierte Analyse des Geländes verfügen die Fahrzeuge über Laserscanner. Auf Basis dieser Daten wird eine Karte erstellt, die zur Navigation der Fahrzeuge genutzt wird. Der Laserscanner soll auch Kollisionen zwischen den Fahrzeugen verhindern. Zusätzlich sind die Fahrzeuge mit einem Radar ausgestattet, um auch in einem Schneesturm voranzukommen.

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