Industrieelektronik Big Brother für Solarfelder

02.09.2013

Jährlich steigt die Anzahl der installierten Photovoltaik(PV)-Module um mehr als 15 Prozent. Die Schädigung einzelner Solarmodule kann die Leistung der ganzen Anlage erheblich negativ beeinflussen. Daher suchen die Betreiber der PV-Anlagen eine effektive Technologie, um die Effizienz der Module zu prüfen. Die manuelle Überprüfung wird immer mehr durch Infrarot(IR)-Messtechnik ersetzt.

Eine IR-Wärmebildkamera prüft berührungslos und hochauflösend. Eine ultra leichte Ausführung TIM LightWeight kann sogar auf einem Multicopter befestigt werden, um große und schwer zugänglich Anlagen schnell zu analysieren. Die Luft-Thermografie ist nicht nur technisch sicher, sondern bringt wirtschaftliche Vorteile im ganzen Lebenszyklus des PV-Moduls.Ein PV-Modul wandelt das Sonnenlicht in elektrische Energie um. Die Solarmodule bestehen aus siliziumbasierten Zellen. Sie sind auf einen Aluminiumrahmen montiert und werden mit einer Glasplatte abgedeckt. Die Effizienz der Solaranlage hängt von ihrer Fläche, aber auch von der Intensität und dem Einfallswinkel der Sonnenstrahlung ab. Demzufolge, hängt der Wirkungsgrad der Anlage von der geografischen Lage, dem Wetter und der jeweiligen Tageszeit ab. Durch die staatliche Förderung in Deutschland hat die Photovoltaik in den letzten Jahren einen wirtschaftlichen Boom erfahren. Mit der wachsenden Verbreitung der PV-Anlagen steigt auch die Notwendigkeit der effizienten Überprüfung ihrer Leistungsfähigkeit für eine sichere und kostengünstige Energieversorgung. Die Fragen nach der erfolgreichen Neu-Installation, Witterungsbeständigkeit der Module, entstandenen Schäden nach Umwettern bis hin zu Gewährleistungsansprüchen sollen zuverlässig beantwortet werden. Es ist bekannt, dass Zellbruch, kurzgeschlossene Zellen, überbrückter Teilstrang im Modul, lokaler Kurzschluss und fehlerhafte Lötungen erkennbare Temperaturunterschiede in der Solarzelle hervorrufen. Daher können mit einer Thermografie-basierten Wärmebildkamera elektrische und mechanische Fehler lokalisiertund installations- und verarbeitungsbedingte Defekte erfasst werden.

Thermografie-Messprinzip

Das Prinzip der Thermografie ist einfach: Jeder Körper mit einer Temperatur über dem absoluten Nullpunkt (-273 °C) sendet elektromagnetische Strahlung proportional zu seiner Eigentemperatur aus. Infrarotstrahlung ist ein Teil dieser Strahlung und kann zur Temperaturmessung verwendet werden. Allerdings erfasst die Wärmebildkamera die Wärmeleitung direkt auf der Glasoberfläche, d. h. die Wärmeleitung der Zelle wird nur indirekt ermittelt. Die Strahlung wird mit einer Linse (Eingangsoptik der Wärmebildkamera) erfasst und auf ein Detektorelement fokussiert, welches ein der Strahlung proportionales elektrisches Signal erzeugt. Das Signal wird verstärkt, digital überarbeitet und in eine der Objekttemperatur proportionale Ausgabegröße umgesetzt. Der Messwert kann auf einem Display angezeigt oder als analoges Signal für die Prozesssteuerung ausgegeben werden. Die Prüfung mit einer Infrarot-Kamera erfolgt berührungslos, zerstörungsfrei und aus sicherer Distanz.

Typische Modulfehler

Die typischen Fehler in einem PV-Modul sind: Produktionsfehler, Beschädigungen, temporäre Abschattungen, fehlerhafte Bypass-Dioden oder Anschlüsse. Sie können die Effizienz der gesamten Solaranlage deutlich senken. Kleine Zellbrüche, Mikrorisse und Unterbrechungen der Metallisierung dagegen, haben, laut einer Untersuchung von ZAE Bayern, keinen Einfluss auf die Modul-Leistung. Die typischen Modulfehler, ihre Erscheinung auf dem Wärmebild und die möglichen Ursachen der Fehler sind in Tabelle 1 zusammengefasst.Der Einsatz der Wärmebildkameras bei der Wartung von PV-Anlagen hat einige Einschränkungen und Voraussetzungen. Ausgehend aus dem physikalischen Messprinzip ist die Intensität der emittierten Strahlung entscheidend für die erfolgreiche Messung. Da die Messung draußen stattfindet, müssen bestimmte Wetterbedingungen erfüllt sein: Die Strahlungsintensität der Sonne muss groß genug sein - mindestens 500 W/m². Wolken vermindern die Einstrahlung. Daher kann man bei Bewölkung nur Kameras mit einer ausreichenden Empfindlichkeit (�?�80 mK) einsetzen. Um Reflexionen im Glas zu vermeiden, ist die richtige Positionierung der Kamera wichtig: Es ist empfehlenswert, die Wärmebildkamera in einem Betrachtungswinkel von 5 bis 60° einzusetzen und nicht rechtwinklig (Betrachtungswinkel = 0°). Eine geeignete IR-Kamera ist mit einem ungekühlten Mikrobolometer-Detektor ausgestattet, der im Wellenbereich 8 bis 14 µm arbeitet. Einen maximalen thermischen Kontrast erhält man auch bei möglichst geringer Außentemperatur. Der stark reflektierende Aluminiumrahmen der Solarmodule wirft die Wärmestrahlung des Himmels zurück. Dies muss mit Software ausgeblendet werden können. Um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, ist darauf zu achten, dass der Abstand zwischen der IR-Kamera und dem PV-Modul jederzeit innerhalb einer gewissen Bandbreite liegt. Zudem setzt die Fehleranalyse fundierte Kenntnisse der Solartechnik voraus.

Wartung aus der Luft

Für die vorbeugende Wartung von großen Photovoltaikfeldern, Anlagen in schwer zugänglichen Stellen (z. B. auf den Dächern) und für besonders schnelle Analyse eignet sich die Thermografie mit Multicoptern. Die Voraussetzung für den Einsatz einer IR-Kamera im Flugbetrieb sind zum einen geringes Gewicht, zum anderen eine autarke Steuerung. Und nicht zuletzt eine ausreichende Auflösung der Kamera, um qualitativ hochwertige IR-Aufnahmen realisieren zu können. Speziell für die Fluganwendungen entwickelte der deutsche Sensorik-Spezialist Micro-Epsilon die leichte IR-Kamera ThermoImager TIM LightWeight mit einem Gesamtgewicht von 350 Gramm. Die Aufnahme eines IR-Videos lässt sich unmittelbar über einen Knopf am Kameragehäuse oder per Fernsteuerung starten; die Aufnahme erfolgt auf eine MicroSD-Speicherkarte (bis zu 32 GByte). TIM LightWeight verfügt zusätzlich über einen simultane 20-Hz-Videosignal-Generierung parallel zu 35 Hz radiometrischer Remote-Aufnahme. Somit kann man Live-Videoübertragung (Inline-Analyse) sowie nachträgliche Offline-Analyse durchführen. Die Datenübertragung erfolgt über eine Gigabit-Ethernet-Schnittstelle. Die verwendete hochauflösende Infrarotkamera weist eine optische Auflösung von 382 x 288 Pixel mit 80 kHz, die thermische Auflösung beträgt bis zu 40 mK. Das geringe Gewicht verlängert die Flugzeit um fünf bis sieben Minuten im Vergleich zu den handelsüblichen Kameras. Die spezielle auf die Wartungsaufgaben abgestimmte Software TIM Connect ermöglicht die Offline-Analyse der radiometrischen Videos nach dem Flug.

Zusammenfassung

Wartung von Solaranlagen mit den auf den Multicoptern befestigten Wärmebildkameras ist, technologisch betrachtet, eine zuverlässige Technik, um fehlerhafte Module zu erfassen. Große Anlagen lassen sich somit schnell und effizient analysieren. Die rechtzeitige Defekterkennung optimiert die Wirtschaftlichkeite der Anlage einerseits bei der Neuinstallationen (Gewährleistungsansprüche). Anderseits können die Betriebsausfälle der Anlage und die damit verbundene Kosten wirksam vermieden werden.

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