Embedded-Systeme & Mikrocontroller Standards & Trends bei COMs

18.10.2012

Der Computer-on-Module-Markt ist einer der wachstumsstärksten der Embedded-Computer-Technologie. Gleichzeitig ist er aufgrund der zunehmenden Verwendung von ARM-Prozessoren auch im Umbruch. Um nicht auf das falsche Pferd zu setzen, ist es wichtig, die bedeutendsten Computer-on-Module-Standards und -Trends zu kennen.

Der Markt der Embedded-Computer-Technologie auf Board- und Module-Level wird laut IMS rund 9 Prozent pro Jahr wachsen. Besonders wachstumsstark ist dabei das Segment der Standard-basierten Computer-on-Module. Fast 20Prozent soll hier das durchschnittliche jährliche Wachstum (CAGR) bis 2016 betragen. Proprietären Lösungen wird ein deutlich geringeres Wachstum vorhergesagt. Unterscheidet man nach der integrierten Prozessortechnologie, so sieht es für ARM-basierte Module besonders gut aus. Ihr Marktanteil soll von 39 auf 59 Prozent wachsen. Zieht man beide Prognosen zusammen, beschleunigt sich das Wachstum der Standard-basierten ARM-Module um das 1,5-fache auf rund 30 Prozent CAGR, wobei das Gesamtmarktvolumen in 2011 mehr als 450Millionen US-Dollar betrug. Mit dieser hoch dynamischen Nachfrage stehen Entwickler zunehmend vor der Frage, welcher der am Markt verfügbaren Standards der beste für ihre Applikation ist. Dies herauszufinden ist nicht trivial. Es gibt nämlich kaum aktuelle Quellen, die eine umfassende Übersicht aller gängigen Modulstandards bieten. Noch schwieriger wird es, wenn man eine Übersicht über die Bedeutung und damit Zukunftssicherheit der einzelnen Formfaktoren bekommen will. Ein Blick in die Fachpresse kann jedoch in Bezug auf das von Herstellern gemeldete Produktangebot weiterhelfen. Eine einschlägige deutsche Fachzeitschrift zählte beispielsweise in einer vor gut einem Jahr erschienenen Marktübersicht zumindest vierzehn Module-Formfaktoren auf: ETX, COM Express, XTX, STX, SOM-144, CoreExpress, SMARC-Module, DIMM-PC, X-Board, E2Brain, Qseven, ESM/ESMmini/ESMexpress, COM Express mini, MPX sowie sonstige. Schaut man sich die Anzahl der Angebote rein quantitativ an, so kann man für x86er-basierte Module eine klare Marktgewichtung erkennen.

Das x86er- und ARM-Angebot

Die Übersicht zeigt, dass das Angebot an COM-Express(basic und compact)-basierten Modulen am größten ist. Zusammen mit COM Express mini für scheckkartengroße Module repräsentieren die Anbieter, die Module konform der PICMG-Spezifikation vertreiben, 28 Prozent des Angebots. Mit ETX folgt der Legacy-Standard für PCI und ISA mit einem Anteil der gemeldeten Modulanbieter von 17 Prozent sowie Qseven-Anbieter mit 12 Prozent. Alle weiteren Formfaktoren haben maximal einen Anteil von 6 Prozent oder weniger. Spricht bei diesen x86er-basierten Modulen nicht ein unausweichlicher technischer Grund für exakt diesen Formfaktor, so sollte man sich eher auf die sichere Seite der weit verbreiten Module ausrichten. Marktführend ist dabei COM Express. COM Express bietet dabei mit seiner Bandbreite an Modulgrößen von COM Express basic über COM Express compact bis hin zum scheckkartengroßen COM Express mini eine Leistungsbandbreite, die für alle am Markt verfügbaren Embedded x86er-Prozessoren genutzt wird. Aus diesem Grund ist auch das Angebot an aktuellen Produkten so groß. 97 COM-Express-Module-Bezugsquellen wurden alleine für den Vertrieb in Deutschland gemeldet. Kein weiterer Standard kann ein auch nur annähernd vergleichbares Angebot bieten.Neben den Legacy-Modulkonzepten für ARM wie X-Board und E2Brain, die heute im Wesentlichen kundenspezifisch weitergepflegt werden, sowie einer Vielzahl von proprietären ARM-Modulen ohne Grafik und unter 256 MHz, die derzeit noch den größten Marktanteil an den oben erwähnten 39 Prozent des Modulmarktes in 2012 ausmachten, gibt es leistungsfähigere Module wie den proprietären Formfaktor ESM/ESMmini, auf dem neben x86er-Prozessoren auch ARM-Prozessoren angeboten werden. Es wurden jedoch nur wenige Anbieter gemeldet. Zudem tauchen bereits die zwei von der SGET betreuten Standards für ARM-basierte Computer-on-Module auf: SMARC und Qseven. Die beiden Spezifikationen starten dabei von einer unterschiedlichen Ausgangsposition: Die SMARC-Spezifikation wurde neu entwickelt und konzentriert sich auf Applikationen mit den neuen energieeffizienten und hochintegrierten System-on-Chips. Die ältere Qseven-Spezifikation wurde in Bezug auf das Mindest-Featureset abgespeckt, um neben x86- auch ARM-Prozessoren unterstützen zu können. Das ARM-Angebot relativiert also die x86er-Bilanz dieses Standards um die Anzahl der verfügbaren ARM-Module.

Auf SoC-Architektur achten

Welcher dieser Standards jedoch über die kommenden Jahre die meiste Zugkraft entwickeln wird, ist nicht einfach zu beantworten, da auch abseits der Technik liegende Faktoren eine Rolle spielen können. Dennoch sollte man zuallererst auch auf die technischen Unterschiede schauen. Und hier ist an erster Stelle auf die Besonderheit der SoC-Architektur zu achten.Die neuen ARM-basierten SoCs sind in erster Linie deshalb so energieeffizient, weil sie hardwaretechnisch exakt auf den Anwendungsfall hin entworfen wurden. Die I/Os und Controller sind damit bereits auf dem Modul implementiert. Um eine Standardisierung für ein größtmögliches Spektrum an unterschiedlichen SoCs auf nur einem Formfaktor zu gewährleisten, sollte die Spezifikation eine große Bandbreite an unterschiedlichen I/Os berücksichtigen und definieren. Damit wird die Anzahl der Signalleitungen des Steckverbinders zum Carrierboard eine wichtige Kenngröße für die Nutzbarkeit eines SoC-basierten Moduls.

SMARC versus Qseven

Von Seiten des Steckverbinders bauen beide Modulstandards auf einen MXM-Konnektor. Qseven auf den älteren Steckverbinder der Spezifikation 2.x mit 230 Pins. SMARC auf den MXM-3.0-Steckverbinder mit 314 Pins. Das ist ein Pluspunkt für SMARC, da rund 40 Prozent mehr Pins zur Verfügung stehen. Deutlich mehr Schnittstellen lassen sich so eindeutig spezifizieren, und zudem sind auch komplexere Designs möglich. Dass dies ein deutlicher Pluspunkt ist, erkennt man, wenn man genauer auf die verfügbaren Qseven-Module schaut: Hier ist zu beobachten, dass zunehmend weitere Onboard-Steckverbinder auf die Module aufgebracht werden. Modulhersteller versuchen so verschiedene Funktionen nach außen zu führen, um sich vom Wettbewerb abzugrenzen. Diese Schnittstellen sind jedoch nicht genormt. Nachteil: Der Standard wird aufgeweicht, und die Module werden zunehmen schwieriger austauschbar. Bei den Abmessungen tun sich beide Modulstandards nicht viel. Qseven misst 70 mm x 70 mm oder 40 mm x 70 mm. SMARC-Module bieten einen Footprint von 82 mm x 50 mm oder 82 mm x 80 mm. Damit könnte für Qseven ein kleiner Vorteil bei der Größe abgeleitet werden. Module-basierte Embedded-Devices, die kleiner als ein klassisches Smartphone sind, lassen sich aber sowieso kaum realisieren. Daher ist der Größenvorteil für die meisten Embedded-Applikationen nicht relevant. Für Handheld-Devices oder schlanke Terminals ist die Bauhöhe viel entscheidender: Diese ist für beide Standards aber nahezu identisch. Ebenso ist das aktuelle SoC-Angebot für beide Modulstandards generell vergleichbar, wenngleich die Mindestanforderungen an das minimale Featureset bei Qseven deutlich heruntergesetzt wurden, um sowohl ARM-basierte SoCs wie auch x86er-Prozessoren anbieten zu können. Es ist aber für Entwickler effektiver, wenn die Modulspezifikation möglichst viel standardisiert, um einen effizienten Re-Use zu gewährleisten. Insofern kann man SMARC auch an dieser Stelle einen technischen Pluspunktgeben.Für Applikationsentwickler entscheidend ist neben der reinen Hardware aber vor allen auch der Softwaresupport. Und auch hier unterscheiden sich ARM-Module deutlich von x86er-Modulen. Durch die hochgradig spezifizierte Auslegung sind Treiber, OS und alle weiteren hardwarenahen Softwareservices deutlich enger miteinander verzahnt. Mit einem Standard-OS von der Stange und entsprechendem Board-Support-Package lässt sich also kein ARM-Modul zum Laufen bringen. Damit haben hardwarenahe Softwareservices unterhalb der eigentlichen Applikation deutlich höhere Bedeutung als bei x86er-Designs. Deshalb ist es für OEMs ideal, wenn sie diese Softwareservices direkt vom Hardwarehersteller beziehen zu können, der individuelle Anpassungen zudem auch Inhouse anbietet. Damit haben sie einen zentralen Ansprechpartner und müssen sich nicht mit unterschiedlichen Stellen koordinieren.

Bildergalerie

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel