Fachbeitrag Optimal gestützt – schneller geheilt

08.05.2014

Ein Roboterarm-Exoskelett hilft Patienten bei der Rehabilitation. Doch was muss ein solches Gerät alles können? Studenten der University of Pennsylvania haben einen Prototypen entwickelt und Matlab als Hilfsmittel für das Design und zum Auswerten von Daten eingesetzt.

Patienten, die einen verletzen Arm haben, können während der Physiotherapie von einem Oberkörper-Exoskelett profitieren, das ihre Beweglichkeit steigert und ihnen hilft, wieder Muskelkraft aufzubauen. Daneben bieten Exoskelette aber auch die Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit eines gesunden Körpers zu steigern.

Studenten der University of Pennsylvania haben als Abschlussprojekt ein steuerbares und mit Wireless-Funktionen ausgestattetes Exoskelett namens Titan Arm entwickelt und gebaut. Titan Arm kann etwa 20 Kilogramm heben und dabei den Ellbogenwinkel exakt messen.

Der als Machbarkeitsstudie angelegte Arm entstand in nur acht Monaten. Die Teammitglieder frästen alle Elemente des Gerüsts ihres funktionsfähigen Prototypen selbst und setzten darauf einen Gleichstrom-Bürstenmotor, zwei 18,5-Volt-Lithiumpolymerbatterien, einen Seilzugantrieb, eine mechanische Bremse, Hall-Effekt-Sensoren und weitere Komponenten. Für frühe Designentscheidungen und für die Darstellung von Messdaten, die kabellos von den Sensoren des Arms live übermittelt werden, verwendeten sie Matlab.

Die Anfänge des Titan Arms

Das Team für das Abschlussprojekt bestand aus vier Maschinenbau-Studenten, die Kenntnisse in Mechatronik, Elektronik, Orthopädie, Komponentenbau, mechanischer Konstruktion sowie Embedded Systemen besaßen – eine Mischung, die sich ideal für dieses Projekt ergänzte. Zudem hatten alle mehrere Jahre Erfahrung mit Matlab – oder, wie sie selber es nennen: „dem besten Freund des Ingenieurs“. Mit Matlab und Simulink werden die im Hörsaal gelernten Konzepte und Theorien dann praktisch umgesetzt.

Bevor sie sich an die Entwicklung von Titan Arm machten, suchten die Teammitglieder Rat bei einem Physiotherapeuten. Dieser erklärte ihnen, dass die Rehabilitation verletzter Glied-
maßen sich vor allem auf die Verbesserung von Muskelkraft und Beweglichkeit stützt. Nach diesen Vorgesprächen war den Konstrukteuren klar, dass Titan Arm auf jeden Fall Sensoren brauchte, die den Ellbogenwinkel maßen, sowie eine drahtlose Schnittstelle, die diese Daten übertrug und so deren Visualisierung ermöglichte. Vor diesen Schritten musste das Team aber zunächst den eigentlichen Arm konstruieren. Anfänglich wollten die vier Maschinenbau-Studenten die Muskeln des menschlichen Arms nachahmen. Bizeps und Trizeps sollten durch Aktoren ersetzt werden, die das Ellbogengelenk beugen und strecken.

Bei der Modellierung und Analyse dieses Entwurfs in Matlab fanden sie jedoch, dass dafür zwei Motoren erforderlich wären, weil Bizeps und Trizeps unterschiedlich lange Beugewege haben. Aus Kostengründen entschieden sie sich daher für eine einfachere Konstruktion mit nur einem Motor, der das Ellbogengelenk über einen Seilzugantrieb in beide Richtungen bewegt. Auch andere im Frühstadium der Entwicklung getroffene Entscheidungen hat das Team mithilfe von Matlab gefällt. So wurde der insgesamt vom Arm abgedeckte Bewegungsspielraum mit Matlab berechnet und visualisiert. Im Verlauf der Entwicklung führte das Team auch mechanische Zugfestigkeitstests durch. Mit Matlab wurde dann die in Abhängigkeit von der Kraft auftretende Längung berechnet.

Zu Beginn probierte das Team verschiedene Ideen für das Regelungssystem in Simulink aus, zum Beispiel den Einsatz eines PID- sowie eines PI-Reglers. Die Simulationen zeigten aber, dass ein einfacher Proportionalregler für die Geschwindigkeit ausreichte, um die Anforderungen zu erfüllen.

Gerüst-Prototyp fürs Exoskelett

Am Prototyp des Gerüsts für das Exoskelett brachten die Studenten den Motor, den Seilzugantrieb, das Bremssystem und vier Halleffekt-Sensoren an – einen am Ellbogengelenk und drei am Schultergelenk. Diese Sensoren lieferten die detaillierten Daten über die Stellung des Arms, die ein Physiotherapeut braucht, um Verbesserungen der Beweglichkeit zu überwachen und zu messen.

Die Daten werden von einem in der Nähe der Batterien angebrachten BeagleBone-Board erfasst und drahtlos per UDP (User Datagram Protocol) übertragen. Um die UDP-Pakete bereits während der Übertragung live verarbeiten und visualisieren zu können, schrieben die Konstrukteure ein Matlab-Skript, das auf einem Intel-DE2i-Board läuft.

Vor allem in der Testphase erwies sich Matlab als hilfreich. Damit ließen sich rasch verschiedenste Parameter ausprobieren und die erzielten Ergebnisse sofort und ohne Warten auf eine Nachverarbeitung grafisch darstellen. Als Teil der Tests, die die Gebrauchsfertigkeit des Titan Arm zeigen sollten, hob ein Teammitglied eine gut 18 Kilogramm schwere Hantel.

Bildergalerie

  • Studenten haben ein steuerbares und mit Wireless-Funktionen ausgestattetes Exoskelett namens Titan Arm entwickelt und gebaut.

    Studenten haben ein steuerbares und mit Wireless-Funktionen ausgestattetes Exoskelett namens Titan Arm entwickelt und gebaut.

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