A&D fragt nach Was ist los im Maschinenbau?

publish-industry Verlag GmbH

VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers

Bild: Tristan Rösler/VDMA
20.07.2015

Das Statistische Bundesamt korrigierte die Zahlen für den Maschinenbaumarkt nach unten – in den negativen Bereich. VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers erläutert bei A&D die Hintergründe und die aktuellen Entwicklungen.

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Dass das Statistische Bundesamt Zahlen korrigiert, „das passiert schon mal“, so Wiechers im Gespräch mit A&D. „Wenn das Wachstum von 10 auf 7 Prozent korrigiert wird, dann wird das oft nicht einmal bemerkt.“ Anders liegt dieser Fall: Statt 1,1 Prozent Wachstum in den ersten vier Monaten des Jahres wird nun plötzlich ein Rückgang von 1,4 Prozent ausgewiesen (Details im Beitrag Rückgang statt Wachstum). Zustande kommen solche Abweichungen, weil monatlich nur Teilerhebungen stattfinden, auf deren Basis dann hochgerechnet und fortgeschrieben wird. Quartalsweise führt das Statistische Bundesamt eine Vollerhebung durch – und deren Daten weichen dann zum Teil von den Monatsdaten ab, was zu Korrekturen führt.

Beim VDMA waren bereits vor der Richtigstellung erste Unstimmigkeiten aufgefallen. Denn die positive Entwicklung der Produktion passte nicht zu den leicht negativen Zahlen im Export. „Nach den Korrekturen haben wir an dieser Stelle wieder ein klares, stimmiges Bild“, so Wiechers.

Doch wie kommt es überhaupt zu dieser negativen Entwicklung, die sich im Mai noch verstärkte? „Eine Kombination aus Belastungen und einem Ausfall von Belebung“, konstatiert der VDMA-Chefvolkswirt. Konkret nennt er den Rückgang im Russlandgeschäft, der sich nicht allein aus den ausgesprochenen Sanktionen erklärt, sondern durch hohe Zinsen und den Verfall der russischen Währung verstärkt wird. Auf der anderen Seite ist auch die sinkende Dynamik der chinesischen Wirtschaft ein Faktor, der negativ auf den deutschen Maschinenbau einwirkt. Und insgesamt gesehen gebe es keinen einheitlichen Trend, sondern „ein buntes Bild“, so Wiechers. Er führt weiter aus: „Wir haben eine sehr positive Entwicklung in den USA und Mexiko, dazu einige europäische Staaten, die gut wachsen, beispielsweise Italien und Spanien. Auf der anderen Seite laufen die Geschäfte mit Frankreich und Belgien deutlich schlechter. Ähnlich sieht es in Afrika und Nahost aus: Dem Rückgang in Kriegs- und Krisengebieten stehen positive Entwicklungen in den Vereinigten Emiraten, Ägypten und Katar gegenüber.“

In Summe heben sich diese einzelnen Entwicklungen auf. Sie sind aber typisch für den derzeitigen Markt: Es gibt seit zwei bis drei Jahren eine Reihe von lokalen Sondereffekten, aber keinen eindeutigen Trend – weder nach oben noch nach unten. „Wir haben derzeit keinen Zyklus“, fasst Wiechers die Situation zusammen. Dazu gebe es zu viele Störungen aus dem Finanzsektor, die auf die Realwirtschaft durchschlagen. Dabei sei ein Aufschwung überfällig.

Warum der nicht kommt? Auch bei dieser Frage gibt es mehr als eine Antwort. So habe die Industrie in den Jahren 2005 bis 2008 sehr gut investiert und bereits damals modulare und software-basierte Techniken aufgegriffen. Möglicherweise wurde dadurch bereits der Grundstein gelegt für mehr Flexibilität in der Produktion, sowohl bei den Herstellungsprozessen als auch bei den Kapazitäten. Deshalb scheint es derzeit keine Engpässe zu geben, die zwingend Neuinvestitionen erforderten. Ein weiteres Hemmnis liegt möglicherweise bei Industrie 4.0: Die derzeitige Bewegung der technischen Entwicklung könne durchaus dazu beitragen, dass Investitionsentscheidungen kurzfristig revidiert werden müssen und sich Projekte dadurch nach hinten verschieben. Oder die Investitionen werden bewusst zurückgestellt, um der noch laufenden Entwicklung nicht vorzugreifen.

Für dieses Jahr rechnet Ralph Wiechers beim Wachstum nur mit einer schwarzen Null. Er geht davon aus, dass sich der bisherige Rückgang zum Ende des Jahres ausgleicht und der Umsatz insgesamt auf dem Niveau von 2014 liegen wird. „Man sollte aber nicht vergessen“, merkt er noch an: „Das war ein Rekordjahr!“

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