Digital Factory „Verlässliche Datenquelle für Anwender“

11.04.2012

Liegt im Online-Vertrieb der Scheideweg für Distributoren? Stephan Stammberger, CountryManager Deutschland bei RS Components, hat bei diesem Thema schon viel Erfahrunggesammelt und erachtet die zukünftige Bedeutung als ausgesprochen hoch.

A&D: Herr Stammberger, das Zauberwort E-Commerce hat sich Anfang des Jahrtausends schon einmal zur platzenden Blase gewandelt. Droht diese Gefahr auch heute?

Stephan Stammberger: Nein. Ich denke, wir müssen stark differenzieren, zwischen heutigen Online-Modellen und der Dotcom-Blase. Damals haben sehr viele Unternehmen ohne echte Substanz astronomische Firmenwerte dargestellt. Mittlerweile ist E-Commerce eher der Weg moderner Informationsübertragung. Es ist ein Kommunikationsmodell.

Wo liegen dabei die Unterschiede zwischen Consumer-Geschäft und Industriegeschäft?

Die Unterschiede sind gar nicht so groß. Ob von zu Hause oder in der Firma - der Mensch sucht auf die gleiche Art und Weise im Web. Aber es gibt natürlich deutliche Unterschiede zwischen den klassischen Webshops und E-Procurement-Systemen, die ausschließlich Unternehmen zur Verfügung stehen.

Gibt es regionale Unterschiede in Sachen E-Commerce?

Ja - schon innerhalb Europas. Die Anwender in England, Frankreich, Italien und auch in Osteuropa sind viel internetaffiner als die Deutschen. In diesen Ländern ist die Absprungrate sehr gering. Wenn der Anwender einmal im Internet ist, dann kommt es in der Regel auch zu einem Kaufabschluss. Hierzulande sind wir dafür auf Seite des E-Procurements wesentlich weiter. In Deutschland ist das Internet eher Suchmedium. Der Auftrag wird am Ende über E-Procurement-Systeme generiert.

Sie sprachen gerade Osteuropa an. Wie sehen Sie die Rolle des Online-Vertriebs für diesen Markt?

Das Online-Geschäft ist hier einer der wichtigsten Kanäle. So können wir kosteneffizient und schnell in diesen Markt eintreten und erhalten gerade in den geographisch großen Ländern eine hohe Marktpräsenz. Ich erachte E-Commerce als wichtigen Baustein, um neue Märkte zu erobern.

Werden Sie mittelfristig nur noch über das Internet verkaufen?

Wir haben aktuell in Europa erstmals die 60-Prozent-Marke überschritten. Unser Firmenziel lautet, in den nächsten zwei Jahren etwa 70 Prozent des Umsatzes im E-Commerce-Bereich zu generieren. Auf Fünf-Jahres-Sicht soll es in Richtung 80Prozent gehen. An dieser Stelle wird es sich vermutlich einpendeln - die typische 80/20-Regel eben. Es wird aber auch immer Notwendigkeiten geben, auf konventionellem Weg einen Auftrag zu platzieren.

Was macht RS Components anders als der typische Distributor?

Wir sehen uns nach wie vor als Katalog-Distributor, wobei der Katalog als Printmedium natürlich nur noch ein Fenster zu unserem gesamten Sortiment ist. Er listet in zwei dicken Bänden etwa 100000 Artikel aus Elektronik, Automation und Instandhaltung. Für uns ist das Internet heute das zentrale Medium, um dem Kunden Zugriff auf unser Gesamtportfolio von rund 600000 Artikeln zu geben.

RS-Components hat sich vor einiger Zeit strukturell neu aufgestellt. Ist das als Bedingung für den Erfolg von E-Commerce in Ihrem Hause zu sehen?

Das war definitiv der Beginn der Erfolgsgeschichte und ausschlaggebend für unser großes Online-Wachstum in den vergangenen eineinhalb Jahren. Wir haben mit der neuen Organisation unsere Prozesse vereinheitlicht. Das ist bei E-Commerce die Voraussetzung, um in möglichst kurzer Zeit viele Kunden zu erreichen.

Wenn Sie einen Ausblick wagen, welche Faktoren werden in Zukunft ausschlaggebend für den Online-Erfolg sein?

Die sozialen Netzwerke werden sicherlich ein Medium sein, um die Kommunikation hochzufahren und dem Anwender Botschaften zu vermitteln. Aufgrund der Informationsmasse im Netz ist es für uns aber wichtig, sehr spezifisch die richtigen Anwender zu erreichen. Wir werden in der Zukunft nur dann erfolgreich sein, wenn wir auf Datenqualität setzen, also wenn wir in den unübersichtlichen Weiten des Internets eine verlässliche Datenquelle für den Anwender sind.

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