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Sensorik & Messtechnik Vollautomatische Schwingungsmessung

03.09.2014

Jochen Schell, Leiter der Applikationsabteilung im Geschäftsbereich Optische Messsysteme von Polytec, erklärt das Prüflabor des Messtechnik-Unternehmens.

A&D:

Im Polytec-Labor bieten Sie Schwingungsanalysen mit einer robotergesteuerten Anlage, dem RoboVib Test-Center, an. Was kann mit der Anlage gemessen werden?

Jochen Schell:

Im Prinzip alles, an dem Schwingungen gemessen werden können. Vom Auto über LKW und Traktoren bis hin zu Flugzeugteilen. Aber auch Waschmaschinen oder andere Komponenten aus der Consumer- und Maschinenbauindustrie.

Was ist das besondere an der Anlage?

Wir haben alles vorbereitet, damit Teile bis zur Größe eines Mercedes Sprinter oder Traktors reinpassen. Für komplette Fahrzeugkarosserien gibt es eine Hebebühne, für andere Bauteile einen Deckenkran. Dort hängen sie an Gummiseilen und sind somit entkoppelt. Damit bei akustischen Anregungen keine störenden Echos von den Wänden zurückkommen, haben wir den Raum schallisoliert. Außerdem ist er klimastabilisiert, so können wir Messungen immer bei einer gleichbleibenden Temperatur durchführen. Das ist wichtig, weil ein temperaturempfindliches Bauteil sich sonst verstimmt. Zudem stehen zwei Roboter darin, die mit Sensoren ausgestattet das Messobjekt abtasten.

Für welche Prüfobjekte benötigen Sie zwei Roboter?

Das hängt einfach von der Zugänglichkeit und der Größe des Messobjekts ab. Wenn Sie zum Beispiel ein Fahrzeug haben, dann ist der Roboterarm nicht lang genug, dass er tatsächlich auf die andere Seite hinüber greifen kann. Bei einem relativ kleinen Messobjekt reicht im Prinzip einer. Mit zwei ist es aber leichter, weil der eine das Objekt nicht umfahren muss, um auf die Rückseite zu kommen. Aber das ist mehr oder weniger Komfort – und es bringt einen Geschwindigkeitsvorteil.

Wie lange dauert eine Schwingungsmessung?

Typischerweise braucht man ein bis zwei Tage, um alles einzurichten. Die Messung selbst läuft in der Nacht.

Man hat ja nicht immer nur eine Komponente, die gemessen wird...

Kommen viele gleiche Teile, spielt der Roboter seine Vorteile aus. Wenn uns jetzt zum Beispiel ein Hersteller zehn identische Küchenmaschinen bringt, die alle auf Schwingungen untersucht werden müssen, dann spart man sich das langwierige Einrichten bei den folgenden neun Objekten: Wenn die erste Küchenmaschine durchgemessen ist, braucht der Roboter für jedes weitere Objekt nur noch mal fünf Minuten zum Einlernen und kann dann gleich wieder messen. In so einem Fall hängt die Dauer davon ab, wie viele Teile der Kunde messen möchte. Bei 50 Teilen kann es schon mal drei Wochen dauern.

Welchen Service bieten Sie Ihren Kunden?

Angefangen vom Aufbau der Schwingungsmessung – was gar nicht so ohne ist – über die eigentliche Messung bis hin zur Darstellung der Schwingungsdaten. Wir können auch auf Wunsch eine Modalanalyse der Daten machen, also aus den gemessenen Daten die Eigenmoden des Bauteils extrahieren.

Was macht den Aufbau so schwierig?

Bauteile ohne eingebauten Motor oder Lüfter schwingen nicht von selbst. Die muss man entsprechend lagern und dann mit einem Shaker oder einem Schwingerreger zum Schwingen bringen.

Man kann das RoboVib Test-Center auch kaufen. Muss man dann nicht auch die Roboter programmieren können?

Doch. Der Käufer muss den Roboter von Hand verfahren und ihn einlernen. Deshalb gehört eine Schulung beim Roboterhersteller Kuka immer mit dazu. Und natürlich weisen wir den Käufer ausführlich in die Geräte ein, damit er die komplette Anlage auch wirklich anwenden kann.

Ab wie vielen Messungen im Jahr rentiert sich die Anlage denn?

Wenn Kunden das RoboVib Test-Center kaufen, müssen sie es oft verwenden. Wenn wir von 200 bis 220 Arbeitstagen im Jahr ausgehen, sollten sie es mindestens 50, eher 100 Tage nutzen. Wir bieten allerdings auch eine kleinere Messanlage an, ohne Roboter. Die rentiert sich wesentlich früher.

Welche weiteren Entwicklungen planen Sie für das Test-Center?

Wir müssen bisher den Roboter noch von Hand einprogrammieren, damit er die verschiedenen Messpunkte auch tatsächlich erreicht. Wenn wir das automatisieren, könnten wir uns einiges an Einrichtzeit sparen und noch ein bisschen effektiver damit arbeiten. Soweit werden wir in ein paar Jahren sein, denke ich. Das Thema Betriebsfestigkeit wird in Zukunft sicherlich ebenfalls eine größere Rolle spielen.

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