Antreiben & Bewegen „In Zukunft werden Roboter nicht mehr ­programmiert“

„Die Kollegen verfolgen sehr interessiert die Entwicklung des Industrie 4.0-Konzepts in Deutschland“ Wolfram Zielke, Key Account Robot Systems - Industrie Automation, Mitsubishi Electric Europe

Bild: Mitsubishi Electric
04.09.2014

Welche Rolle im Fertigungskonzept Industrie 4.0 Roboter spielen und was für Möglichkeiten sich dadurch in Zukunft eröffnen, darüber sprach A&D mit Wolfram Zielke von Mitsubishi Electric Europe.

A&D:

Ihr Kunde Werma Signaltechnik hat bereits 2006 eine integrierte Fertigung installiert. Sehen Sie hier Industrie 4.0 – zumindest in Ansätzen – bereits verwirklicht?

Wolfram Zielke:

Ganz klar ja. Es gehört einfach die konsequente Durchdringung der einzelnen Arbeitsschritte von der Logistik, der Teilebereitstellung, den Schnittstellen und der Fertigungsanlage dazu. Das wurde von Anfang an berücksichtigt, nur so ist der Grundgedanke von Industrie 4.0 wirtschaftlich zu verwirk­lichen.

Werma setzt auch bei der Roboterprogrammierung auf modulare Prozessschritte, die sich je nach Ausstattung des Endproduktes aneinanderfügen. Ist dieses Konzept eher eine Ausnahme oder bereits Standard?

Wenn man die unzähligen bestehenden Anwendungen in den unterschiedlichsten Industrie-Bereichen betrachtet, ist Werma in dieser Form sogar sehr innovativ. Der entscheidende Vorteil der Robotik ist ja nicht alleine die reine Mechanik, sondern die Flexibilität, die sich durch die einfache Programmierung und Anpassung an die jeweilige Anwendung ergibt. Roboteranwendungen sind Insellösungen in einer Zelle, die über viele Jahre produzieren, prüfen, kleben, montieren und viele andere weitere Arbeiten ausführen. Oft genug verändert sich die Aufgabenstellung im Lauf der Zeit, der Roboter bleibt immer der gleiche. Werma nutzte diese Flexibilität von Anfang an.

Gibt es Eigenschaften auf Seiten der Roboter, die sie speziell für das Industrie 4.0-Konzept geeignet machen?

Sie brauchen Schnittstellen für alles und jeden. Die Roboter besitzen schon heute ein hohes Maß an freier Intelligenz und Integration – viele wichtige Daten wie Koordinaten, Ströme, Fehlermeldungen, Prozessschritte sind offengelegt. Ein einheitliches Schnittstellenkonzept hilft dann dem Anwender, Sensorik, Steuerungstechnik und Antriebstechnik hocheffizient zu verknüpfen. Die Kopplung zu intelligenter Peripherie beziehungsweise die Integration in eine geeignete Softwareumgebung werden hier die wesentlichen Entwicklungen in den nächsten Jahren stellen.

Basis der auftragsbezogenen Fertigung von Werma ist das SAP-System. Wie unterstützen Sie Kunden beim Einsatz solcher Software?

Werma hat sehr früh die Anbindung ans ERP vollzogen und ist dabei einen eigenen Weg gegangen. Mitsubishi Electric bietet Anwendern heute mit der iQ Platform flexible Schnittstellen zu Enter­prise-Applikationen, beispielsweise SAP und Microsoft Dynamics, sowie zu diversen Datenbanken. Diese sind in unseren Robotern bereits vorhanden. Sie können sie auch mit der Cloud verbinden, mit vernetzter Intelligenz ausstatten, und wir ermöglichen Windows-freies Arbeiten.

Wie schätzen Sie das Potenzial von Robotern im Mittelstand ein?

60 bis 70 Prozent der Aufgaben könnten von Robotern erledigt werden. Das würde dem Mittelstand ermöglichen, auch bei Losgröße 1 automatisiert – und damit wirtschaftlicher – zu produzieren. Für die Umsetzung braucht es engagierte, mutige Verantwortliche, die ein solches Konzept konsequent umsetzen. So wie bei Werma.

Und es braucht Unterstützung durch Experten. Warum setzt Mitsubishi Electric auf ein eigenes Partnernetzwerk, das solche Experten stellt?

Mit einer eigenen Service-Mannschaft würden wir in ein Konkurrenzverhältnis zu vielen unserer Kunden kommen, die selbst Maschinenbauer sind. Das Partnernetzwerk bietet uns zudem eine außer­gewöhnliche Vielfalt an Expertenwissen und den Zugang zu allen denkbaren Branchen. Das hat unser Geschäft in den vergangenen Jahren gestärkt.

Wie das?

Jede Branche hat andere Anforderungen, und jeder Kunde hat unterschiedliche Komponenten im Einsatz. Wenn es um die Entwicklung neuer Schnittstellen geht, dann darf man nie nein sagen. So haben wir die Flexibilität unserer Roboter immer weiter gesteigert.

Industrie 4.0 ist ja ein ziemlich deutsches Thema. Wie wird das Thema denn im Mutterhaus wahrgenommen?

Mitsubishi Electric engagiert sich innerhalb des VDMA, um das Thema Industrie 4.0 konzeptionell und technisch voranzubringen. Die Ergebnisse dieser Arbeit fließen in die Entwicklungsarbeit unserer hiesigen Ingenieure ein. Und das wird auch von unseren japanischen Kollegen mit hohem Interesse und großem Respekt verfolgt. Denn diese Entwicklungsarbeit hilft uns auf allen Märkten.

Mal abgesehen von der Hardware: Ist der Service, auch der Ihrer Partner, ein Kriterium bei Investitionen in Roboter?

Oh ja, das hat sich in den vergangenen Jahren massiv verändert. In einer globalisierten Welt müssen Sie heute an jedem Ort der Welt Support bieten können – das wird vorausgesetzt, sonst ist man raus aus dem Geschäft. Unsere Partner müssen sich darauf einrichten, dass insbesondere Software-Services nachgefragt werden. Aber Service ist kein Thema, das sich von der Hardware vollständig trennen lässt. Denn wir achten beispielsweise auf servicefreundliche Konstruktion, auf die Kompatibilität der neuen Modelle zu den vorangegangenen Reihen und dass die Maschinen ein einfaches Handling haben. Für den Anwender bringt das langfristige Kostenvorteile.

Was glauben Sie, wie sich der Einsatz von Robotern in den kommenden fünf Jahren verändert?

Ich glaube, dass die Roboter in Zukunft nicht mehr programmiert werden, sondern direkt die CAD-Daten der Anlage einlesen und mit intelligenter Software ihre Aufgaben optimiert erfüllen. Kollaborierende Systeme, genauso wie kooperierende Roboter werden in den nächsten fünf bis zehn Jahren Einzug in viele Anwendungen halten.

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