Gastkommentar Produktstrukturierung in 10 ­Schritten 
als Basis zur Wiederverwendung

Uwe Harder, Leiter Consulting, Eplan Software & Service

Bild: Valery Kloubert, Eplan
07.09.2015

Effizientes Engineering im Maschinen- und Anlagenbau heißt heute, bereits in der Produktentstehung die spätere Wiederverwendung von Daten zu berücksichtigen. Das Ziel ist, eine Vielzahl von Kundenanforderungen in modularen Out of the box-Standardlösungen abzubilden. Durch eine funktionale und mechatronische Produktstruktur lassen sich die Disziplinen mit gleicher Sprache verbinden. Hierfür haben wir eine Standardmethode entwickelt, die wir klassisch in zehn Schritten anwenden.

Die erste Frage lautet: Welche Funk­tio­nen sind in der Maschine verfügbar? Jede Zustandsänderung einer Maschine, beispielsweise die Funktionen Bewegen, Füllen oder Transportieren, führt zu einem Aktor – eine Aktorenliste ist ein erstes Ergebnis. Im zweiten Schritt wird erarbeitet, was zu einer Funktion gehört, um sie steuern zu können. Schließlich benötigt jeder Aktor einen oder mehrere Sensoren – hier werden fluid- oder elektrotechnische Steuerketten aufgebaut. Das Ergebnis: Eine vollständige Sensorenliste. Anschließend ist zu klären, wo die Funktion einer Maschine räumlich eingebaut ist. Konkret erfolgt in dieser Betrachtung des Prozesses die physikalische Verbindung in die Baugruppen der Mechanik.

Schritt 4 beinhaltet die Zusammenfassung von Funktionen mit dem Ziel, Funktionsgruppen und Varianten zu erstellen. Dazu werden Funktionen und Parameter gegliedert – beispielsweise Transportieren von A nach B mit den Parametern Masse, Distanz und Geschwindigkeit. Es folgt die Frage, wie und mit welcher Technik die Funktion realisiert werden kann. Hier werden klassisch die Techniken zur Umsetzung geprüft – sei es Pneumatik, Elektrik, beispielsweise ein Linearmotor und andere Optionen. In Schritt 6 erfolgt die Abbildung der Umgebungsbedingungen: Welche Normen werden eingesetzt? In welchem Land erfolgt die Inbetriebnahme? Daraus ergeben sich Aufstellungs- und Einspeisebedingungen sowie Rahmendaten, beispielsweise welche Bauteile von welchen Herstellern verbaut werden dürfen. In Schritt 7 klären wir die benötigte Infrastruktur: Wie werden die Produktfunktionen mit Energie versorgt? Und wie werden die Produktfunktionen gesteuert? Sind alle Punkte definiert, liegt das Augenmerk auf der benötigten Sicherheits­technik. Zu prüfen ist, wie die Maschinenrichtlinie beziehungsweise die Sicherheit der Maschine oder Anlage abgedeckt wird. Zum Abschluss werden Einheiten zum Bau gebildet. Hier wird zugleich entschieden, wie die steuerungstechnischen Bauteile mit den mechanischen Baugruppen mechatronisch gefertigt werden. Das Ziel ist klar definiert: Die Entwicklung wiederverwendbarer Baugruppen.

Mit diesen zehn Schritten ist die Produktstrukturierung abgeschlossen. Ein modularer Baukasten dient als Basis für die Anwendung unterschiedlicher Konstruktionsmethoden wie beispielsweise Maximalprojekttechnik oder Generierungstechnik. In der Maximalprojekttechnik wird zunächst eine Anlage, etwa ein Förderband, geplant, in der alle Optionen enthalten sind, die gewünscht werden könnten: Eine bis viele Bearbeitungsstationen, Grob- und Feinbearbeitung, Laufrichtung nach vorn und hinten und mehr. Im Engineering-Prozess wählt der Anwender dann einfach aus, was gebraucht wird und leitet aus dem Maximalprojekt das tatsächliche Kundenprojekt ab.

Die Generierungstechnik hingegen basiert auf dem Additionsprinzip. Bei der Förderanlage etwa gibt es für jedes Band einzelne Schaltplanunterlagen. Die konkrete Anforderung wird dann aus einzelnen Teilen zusammengesetzt. Das Planungsverfahren kann disziplinübergreifend bis zur Mechatronik eingesetzt werden.

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