Dezentrale Antriebstechnik Der Antrieb im Feld

Mit der pyramidenförmigen Struktur der Oberfläche begegnet der b Maxx 2500 den Herausforderungen der Kühlung, die sich aus dem dezentralen Ansatz ergeben.

Bild: Baumüller
07.09.2015

Innovationen in der Elektrotechnik sowie verbesserte Kühlkonzepte haben der dezentralen Antriebstechnik den Weg geebnet. Umrichter können dadurch kompakter und mit höherer Schutzart gebaut werden und eine Montage außerhalb des Schaltschranks wurde möglich. Diese Entwicklung bietet viele Vorteile.

Dezentrale Antriebstechnik erfreut sich nicht ohne Grund wachsender Beliebtheit. Der Weg von zentral zu dezentral bringt zahlreiche Vereinfachungen mit sich und ermöglicht einen kompakten und ökonomischen Aufbau. Anstatt zentral im Schaltschrank sitzen Umrichter hier nahe am Motor oder sind jeweils direkt auf ihm angebracht, womit der erste Vorteil auf der Hand liegt: Schaltschränke werden in ihrer Größe reduziert, da sie nur noch die zentrale Einspeisung beinhalten. In einigen Fällen kann komplett auf einen Schaltschrank verzichtet und so zusätzlich Platz und Kosten gespart werden.

Auch der Aufwand für die Verkabelung fällt bei dezentralen Lösungen geringer aus, weil es nicht mehr nötig ist, für jeden Antrieb Motor- und Geberkabel durch die gesamte Maschine zu führen. Ein Kabel reicht für alle Antriebe aus, was vor allem bei weit verzweigten Anlagen mit mehreren Achsen Vorteile hat: geringerer Arbeitsaufwand bei der Verlegung, weniger Platzbedarf und weniger Materialkosten.

Modularisierung von Maschinen

Ein Trend, der den Einsatz dezentraler Antriebstechnik zusätzlich attraktiv macht, ist die zunehmende Modularisierung von Maschinen. Ganze Maschinenteile können im Werk fertiggestellt und schneller in Betrieb genommen werden. Außerdem können Maschinenbauer so Maschinenmodule anbieten und damit kundenspezifische Wünsche flexibler realisieren. Die Gesamtinbetriebnahme der Anlage muss nicht mehr notwendigerweise beim Maschinenbauer erfolgen, sondern kann direkt beim Kunden vor Ort durchgeführt werden. Baumüller setzt dezentrale und zentrale Antriebe schon seit geraumer Zeit in modularen Maschinenkonzepten ein.

Eingesetzt wird dezentrale Antriebstechnik nicht nur dort, sondern auch bei unterschiedlichsten Anwendungen. Daher bietet Baumüller seinen Kunden nicht nur für industrielle Anwendungen dezentrale Konzepte, sondern auch im Bereich der mobilen Antriebe. Das mobile Antriebskonzept PowerMela, das unter anderem in Stadtbussen und Erntemaschinen eingesetzt wird, kombiniert einen wirkungsgradverbesserte permanenterregten Synchronmotor mit einem Umrichter. Vorteil des dezentralen Ansatzes ist hier vor allem der kompakte Aufbau des Systems. Sowohl im industriellen als auch im mobilen Bereich muss bei jeder Applikation individuell abgewägt werden, welche Art und Kombination die bestmögliche Lösung darstellt.

Auf ein dezentrales Antriebskonzept umstellen

Stellt sich ein dezentrales System als die wirtschaftlich­ere Lösung heraus, kann in der Regel ohne Probleme auf ein solches umgestellt werden. Gehören dezentrale und zentrale Antriebe zur gleichen Produktfamilie, bleiben die mechanischen Motoranbindungen gleich. Somit ändert sich nichts bei der Inbetriebnahme, in der Maschine muss lediglich der Einbauraum für die Elektronik vorhanden sein. Auch die Firm-Ware und Feldbusoptionen in den Geräten sind bei einer Umstellung innerhalb des Baumüller-Portfolios von zentralen auf dezentralen Antrieb identisch. Das heißt, es bestehen keine Unterschiede in den Funktionalitäten der Geräte oder bei deren Softwaretools.

Sollte konstruktionsbedingt kein Platz für den aufgebauten Regler vorhanden sein, gibt es auch die Möglichkeit, die Elek­tronik motornah anzubringen. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass sowohl der Motor, als auch der Umrichter über eine Schutzart bis IP65 verfügen. Umrichter im Schaltschrank haben in der Regel nur IP00 oder IP20. Für den dezentralen Einsatz werden daher andere Gehäuse notwendig. Das gesamte Paket muss darüber hinaus die geforderten Rahmenbedingungen in Bezug auf Umwelteinflüsse erfüllen, wie Temperatur oder Vibration.

Auch im Fall eines späteren Umbaus sind dezentrale Konzepte leicht zu handhaben. Anlagen können besser erweitert werden und sind schneller zugänglich, was alternative Servicekonzepte ermöglicht. Es müssen keine Änderungen im Schaltschrank vorgenommen werden, lediglich die Antriebe an der Maschine werden angepasst. Anwender können Antriebe hinzufügen oder weglassen, da ausschließlich die Kabellänge variiert werden muss. Anpassungen im Schaltschrank sind nicht nötig. Beim Servicefall kann ein defekter Antrieb entnommen und durch einen anderen ersetzt werden, wodurch Stillstandzeiten vermieden werden.

Kein Problem bei der Umstellung bereitet die EMV. Denn für zentrale und dezentrale Lösungen gelten jeweils die gleichen Normen. Weil es im Aufbau der verschiedenen Geräte hinsichtlich der EMV für den Maschinenbauer keine Unterschiede gibt, ist auch der Aufwand zur Einhaltung dieser Normen derselbe. Verglichen mit zentralen Konzepten müssen Maschinenbauer bei dezentralen Varianten keine zusätzlichen Entstörmaßnahmen wie Filter, Drosseln oder Ähnliches in der Anlage integrieren. Die kurzen Motorleitungen können im System hinsichtlich EMV sogar teilweise hilfreich sein.

Zentrale Frage: Kühlung

Ein weiteres entscheidendes Thema ist die Kühlung. Bei dezentralen Lösungen fällt die Schaltschrankkühlung weg, wodurch Einsparungen entstehen. Die direkt am Antrieb austretende Wärme wird normalerweise einfach an die Umgebung abgegeben. Nur wenn die Umgebungstemperatur an der Maschine einen gewissen Wert nicht übersteigen darf, muss mit geeigneten Kühlmaßnahmen entgegengewirkt werden, welche bedingt durch den jeweiligen Produktionsprozess dann aber meistens ohnehin schon an der Anlage vorhanden sind.

Um eine gute Kühlung und damit die bestmögliche Leistungsfähigkeit des Antriebes selbst zu ermöglichen, hat Baumüller bei seinem dezentralen Antriebskonzept b Maxx 2500 speziell zum Thema Kühlung ein besonderes Konzept entwickelt. Die Oberfläche des Gerätes verfügt über eine pyramidenförmige Struktur und ist dadurch vergrößert, was den Kühleffekt unabhängig von der Art des Einbaus verbessert. Denn, ganz gleich ob die Motorwelle nach dem Einbau nach oben, zur Seite oder nach unten zeigt – durch die schrägen Flächen an den Pyramiden bleibt der Kamineffekt erhalten und ermöglicht die Wärmeabfuhr ohne Leistungsverlust. Dieses Prinzip wurde durch ein Geschmacksmuster geschützt.

Branchen, in denen die Vorteile der dezentralen Antriebe genutzt werden können, sind zum Beispiel Verpackung, Lebensmittel und Logistik, aber auch solche, wo sehr viele Antriebe in einer Maschine verbaut werden beziehungsweise Platz gespart werden muss. Im mobilen Bereich bietet Baumüller eine Auswahl an dezentralen Antrieben mit Nennleistungen bis 140 kW. Diese hohen Leistungen machen allerdings zusätzliche Maßnahmen, etwa hinsichtlich Kühlung, notwendig.

Vorzüge berücksichtigen

Sowohl was die Integration als auch was die Kosten anbelangt, müssen bei der Entscheidung für oder gegen dezentrale Antriebe die jeweiligen Vorzüge, die gegebenenfalls auch in Mischformen realisiert und flexibel kombiniert werden können, berücksichtigt werden. Um den größtmöglichen Erfolg zu erzielen, sind Beratung und ein gut sortierter Baukasten an Produkten zur Auswahl notwendig. Am Ende muss immer die Lösung mit größtmöglichem Kundennutzen entstehen.

Bildergalerie

  • Auch für mobile Anwendungen eignen sich dezentrale Antriebskonzepte wie hier der PowerMela, den Baumüller in Zusammenarbeit mit Sensor-Technik Wiedemann realisiert hat.

    Auch für mobile Anwendungen eignen sich dezentrale Antriebskonzepte wie hier der PowerMela, den Baumüller in Zusammenarbeit mit Sensor-Technik Wiedemann realisiert hat.

    Bild: Baumüller

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